Food-Graffiti gegen Hakenkreuze: Antifa heißt Anmalen!
Der Street-Art-Künstler Cibo sprüht in Verona Muffins, Pizza und Würstchen auf rechte Schmierereien und rassistische Parolen. Immer wieder.
Wie schrieb einst Bertolt Brecht so schön: „Der Anstreicher Hitler / Hatte bis auf Farbe nichts studiert / Und als man ihn nun eben ranließ / Da hat er alles angeschmiert / Ganz Deutschland hat er angeschmiert.“
Angeschmiert ist auch Italien. Vor allem Verona, das schon seit Jahrzehnten ein schwer zu behebendes Problem mit Nazis hat. Veronas Rechte hetzen nicht nur gegen vermeintliche Ausländer im Fußballstadion, sie beschmieren auch die ganze Stadt mit rechten Sprüchen, Hakenkreuzen und Runengraffiti.
Dagegen hat sich der Street-Art-Künstler Cibo etwas ausgedacht. Er übersprüht die Hakenkreuze und rassistischen Parolen auf Hauswänden, Stromkästen und Garagentoren mit Muffins. Oder mit Würstchen, Mozzarella, Pizzastücken, Eis am Stiel … im Detail ist Cibo nicht so wählerisch, Hauptsache, es ist essbar und der Nazi-Schmonz ist übertüncht.
Cibo, italienisch für „Essen“, heißt eigentlich Pier Paolo Spinazzè und hat mit seiner Antifa-Graffitikunst inzwischen weit über Italien hinaus Bekanntheit erlangt, in Medienberichten genau wie auf Instagram und Facebook. Cupcakes gegen braune Kacke – das verstehen alle.
Der Hintergrund seiner Idee, dem Nazi-Pöbel etwas entgegenzusetzen, ist allerdings sehr traurig. Im Mai 2008 ist Cibos guter Freund Nicola Tommasoli mit Bekannten in der Innenstadt Veronas unterwegs. Fünf Skinheads tauchen plötzlich auf und fragen ihn nach einer Zigarette. Als er sie ihnen verweigert, prügeln sie auf ihn ein. Tommasoli fällt ins Koma und stirbt wenige Tage später im Krankenhaus. „Seit mein Freund durch die Gewalt der Skinheads starb, ist das Übersprühen zu meiner Mission geworden“, sagt Cibo.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und bei Facebook und Twitter.
Selbstironie gehört bekanntlich nicht zum Nazi-Repertoire. Mit täglichen Drohungen und Hassnachrichten versuchen die Rechten Veronas, Cibo einzuschüchtern. Der ignoriert sie und macht weiter. Sieht er Hakenkreuze oder Runen auf seinen Kunstwerken, dann übersprüht er sie einfach noch einmal.
Dann kommt schon mal zur Wurst der Senf dazu, aufs Erdbeersoufflé die Sahne obendrauf. So geht das hin und her. Und irgendwann geben die Nazis schließlich auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken