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Folgen der Klimakrise in EuropaWärmster Sommer seit 1950

Im Süden Europas brannten die Wälder, in Deutschland starben Menschen in einer Jahrhundertflut. 2021 war ein Jahr der Wetterextreme in Europa.

August 21, Euböa, Griechenland: Eine Frau rettet ihren Hund vor den Flammen Foto: Kostas Tsironis/epa

Reading dpa | Der vergangene Sommer war in Europa aktuellen Klimadaten zufolge der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Er war rund ein Grad wärmer als im Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020, wie aus dem aktuellen Jahresbericht des EU-Klimawandeldienstes Copernicus hervorgeht, der am Freitag veröffentlicht wurde.

Die Copernicus-Aufzeichnungen gehen bis 1979 zurück. Der Klimawandeldienst nutzt zudem Aufzeichnungen von Bodenstationen, Ballons, Flugzeugen und Satelliten, die bis 1950 zurückreichen.

„2021 war ein Jahr der Extreme, darunter der heißeste Sommer in Europa, Hitzewellen im Mittelmeerraum, Überschwemmungen und Windflauten in Westeuropa, was zeigt, dass das Verständnis von Wetter- und Klimaextremen für Kernbereiche der Gesellschaft immer wichtiger wird“, sagte Carlo Buontempo, der Direktor des Dienstes.

In Teilen der Ostsee lag die jährliche Meeresoberflächentemperatur mehr als fünf Grad über dem Durchschnitt. Auf Sizilien wurde mit 48,8 Grad ein vorläufiger europäischer Hitzerekord gemessen. Weil die Hitzewelle in Teilen Italiens, Griechenlands und der Türkei zwei bis drei Wochen andauerte und zugleich Trockenheit herrschte, konnte es dort laut Klimawandeldienst zu den zahlreichen, verheerenden Waldbränden kommen. Insgesamt sei allein im Juli und August im Mittelmeerraum eine Fläche von 800.000 Hektar verbrannt. Das entspricht der halben Fläche Schleswig-Holsteins.

Auch die Flutkatastrophe, die in Deutschland mehr als 180 Menschen das Leben kostete, nahmen die Klimaforscher genauer unter die Lupe. Die Katastrophe habe sich auch deshalb so entwickeln können, weil bereits in den vorherigen Wochen ungewöhnlich viel Regen gefallen sei und der Boden daher nicht mehr ausreichend Wasser hätte aufnehmen können, hieß es. Die Wassermengen in Einzugsgebieten von Rhein und Maas werden als höchste seit 1991 eingeschätzt. Es sei schwierig, solche Ereignisse eindeutig auf den Klimawandel zurückzuführen, sagte die federführende Autorin des Berichts, Freja Vamborg. „Wir wissen aber, dass wir in einer sich erhitzenden Welt mehr und mehr solcher Ereignisse sehen werden.“

Konzentration von CO2 in der Atmosphäre steigt

Der Anteil klimaschädlicher Gase in der Atmosphäre der Erde, die die Erderwärmung entscheidend verursachen, hat dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr erneut zugenommen: Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre stieg um 2,3 ppm (Teilchen pro Millionen Luftteilchen). Die von Methan erhöhte sich um 16,5 ppb (Teilchen pro Milliarden Luftteilchen), was einen deutlich größeren Anstieg bedeutet als in den Vorjahren.

Methan bleibt zwar kürzer in der Atmosphäre, ist dafür aber noch schädlicher als CO2, und entsteht etwa in der Landwirtschaft, auf Abfalldeponien oder in der Öl- und Gasindustrie. „Das ist auf jeden Fall ein Grund zur Sorge, aber auch eine offene Forschungsfrage“, sagte Vincent-Henri Peuch, der bei dem Klimawandeldienst das Daten-Monitoring leitet. So sei noch unklar, ob deutlich mehr Methan ausgestoßen worden sei oder sich der Effekt von natürlichen Senken verändert habe.

Dem kürzlich veröffentlichten Bericht des Weltklimarats (IPCC) zufolge müssen die Treibhausgasemissionen für das von den Vereinten Nationen vereinbarte 1,5-Grad-Ziel noch vor dem Jahr 2025 ihren Höhepunkt erreicht haben und dann deutlich gesenkt werden. Dafür seien sofortige und drastische Einsparungen der Emissionen notwendig, mahnte das internationale Gremium von Klimaforschern aus aller Welt.

Die Wissenschaft ist sich einig, dass nur mit einer Begrenzung der Erderhitzung auf maximal 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit die katastrophalsten Folgen des Klimawandels noch abgewendet werden können. Bislang reichen die Klimaschutzbemühungen der Staaten dazu noch bei weitem nicht aus.

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4 Kommentare

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  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Äh, in Deutschland war der letzte Sommer bis auf den Juni ziemlich frisch, dagegen in Südeuropa extrem heiß. Dass die Erwärmung überall gleichermaßen auftritt ist ein Mythos - was passiert zum Beispiel, wenn sich der Golfstrom abschwächt? Es könnte in Nordeuropa kälter werden. Und ich glaube nicht, dass die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels weltweite Veränderungen noch aufhalten kann. Unser Ökosystem Erde reagiert auf kleinste Veränderungen. Was passieren wird ist allerdings unklar. Vorhersagen sind noch nicht einmal in der Lage kleinste, regionale Wetterereignisse vorherzusagen wie die Flut im Ahrtal und genausowenig sind Politiker in der Lage Maßnahmen dagegen zu ergreifen, wie auch an den Ereignissen im Ahrtal deutlich wurde. Der CO2 Verbrauch müsste viel umfassender definiert und bepreist werden und ebenso all die anderen Faktoren, die zur Erderwärmung, Wüstenbildung, Wassermangel usw beitragen. Es geht nicht darum, dass es einige Grad wärmer wird, es geht darum, dass unser Planet langfristig für den Menschen unbewohnbar wird.

    • @03998 (Profil gelöscht):

      "Was passieren wird ist allerdings unklar."



      Für die massiven Regenfälle im Ahrtal gab es wohl recht gute Vorhersagen und Warnungen die dann aber ignoriert wurde. Und auch die Klimamodellrechnungen die in den 90ern gemacht wurden haben sich bislang als recht präzise erwiesen und die heute angewandten Modelle dürften sich seitdem ja noch verbessert haben. Der Mangel besteht absolut nicht auf Seiten der Vorhersagen und Prognosen, sondern dabei aus diesen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.

      • 0G
        03998 (Profil gelöscht)
        @Ingo Bernable:

        Die tatsächlichen Regenmengen im Ahrtalgebiet waren ungefähr doppelt so hoch wie vorhergesagt, nämlich um die 40l auf den Quadratmeter statt der vorhergesagren 20l. Ich halte das nicht für eine "recht gute Vorhersage".