Folgekosten von Tschernobyl: Keilerrücken, verseucht statt gespickt
Im Jahr 2011 zahlte der Bund 620.000 Euro Entschädigung für verstrahltes Wildschweinfleisch. Die Summe richtet sich nach den Beständen.
BERLIN taz | Zum 26. Mal jährte sich die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in dieser Woche. Doch die Auswirkungen sind noch immer zu spüren.
So darf das Fleisch vieler Wildschweine wegen radioaktiver Belastung bis heute nicht in den Handel gebracht werden. Die staatliche Entschädigung, die den Jägern dafür zusteht, lag im letzten Jahr bei rund 620.000 Euro – und damit höher als jemals in den zehn Jahren zuvor.
Das geht aus der Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor, die der taz vorliegt. Insgesamt wurden seit 1986 rund 239 Millionen Euro ausgezahlt. Wildschweinfleisch ist teilweise noch immer stark belastet, weil die Schweine, zumindest in bestimmten Regionen und zu bestimmten Zeiten, bevorzugt Pilze und Hirschtrüffel fressen, in denen sich radioaktives Cäsium 137 besonders stark anlagert.
Die Entschädigungssumme ist vor allem deshalb gestiegen, weil der Wildschwein-bestand zunimmt. Die Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl sieht die Zahlungen, die bis heute 1.400 Kilometer vom Ort des GAU entfernt fällig werden, als Beleg dafür, „wie nachhaltig in Raum und Zeit ein atomarer Unfall seine Spuren hinterlässt“.
Als Konsequenz fordert die atompolitische Sprecherin ihrer Partei, dass sich Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) aktiver um die AKW-Sicherheit in Deutschland und Europa kümmern sollte.
„Seit der Atomwende hat sein Interesse an diesbezüglichen Pflichten sichtlich nachgelassen“, sagte Kotting-Uhl der taz. Das Atomkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine war am 26. April 1986 explodiert; der radioaktive Fallout erreichte anschließend weite Teile Europas.
An diesem Wochenende finden in mehreren deutschen Städten Aktionen zum Gedenken statt, unter anderem am Samstag in Gorleben.
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