Folge von Corona in Afrika: Nigeria wird ärmer
Neue Daten belegen eine starke Verarmung der Bevölkerung seit der Pandemie. Das belastet die Regierung vor den Wahlen.
Vor vier Jahren lebten noch 83 Millionen Menschen, 40 Prozent der Gesamtbevölkerung, unter der absoluten Armutsgrenze, und 54 Prozent lebten in Armut gemäß dem „multidimensionalen Armutsindex“ (MPI) – ein statistischer Wert, der Indikatoren wie Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung, Wohn- und Arbeitsverhältnisse zusammenführt.
Als ein Grund für die Zunahme gilt die Coronapandemie, deren Bekämpfung viele Arbeitsplätze vernichtete und das Haushaltseinkommen verringerte.
Die Armut ist auch geografisch sehr ungleich verteilt. Am wenigsten Armut gibt es im südlichen Bundesstaat Ondo mit 27,2 Prozent der Bevölkerung und in der nahen Metropole Lagos, Afrikas größter Stadt, mit 29,4 Prozent. Die höchsten Armutsquoten verzeichnen Sokoto im Nordwesten des Landes mit 90,5 Prozent sowie Bayelsa im ölreichen Niger-Flussdelta mit 88,5 Prozent.
Unwürdige Wohnverhältnisse, Ernährungsunsicherheit, weite Wege zu Gesundheitseinrichtungen und Mangel an sanitären Anlagen sind die größten Probleme. 68 Prozent aller Kinder im Alter bis zu 17 Jahren leben in Armut, in ländlichen Gebieten sogar 90 Prozent.
Erhoben wurden die Daten in allen 36 Bundesstaaten Nigerias zwischen November 2021 und Februar 2022 in Zusammenarbeit mit zuständigen UN-Agenturen. Die Erkenntnisse sind politisch brisant, stehen doch am 25. Februar 2023 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an. Amtsinhaber Muhammadu Buhari tritt nach zwei vierjährigen Amtszeiten nicht mehr an.
Ein Vermächtnis der Buhari-Jahre
Die Ausbreitung von Armut fällt klar in Buharis Amtszeit und die seiner Partei APC (All Progressives Congress), die bis 2015 in der Opposition saß. Sie geht mit dem ehemaligen Gouverneur von Lagos, Bola Tinubu, ins Rennen gegen Atiku Abubakar von der bis 2015 regierenden PDP (People’s Democratic Party).
Auch andere Kandidaten wie Peter Obi von der LP (Labour Party) machen von sich reden und ziehen Vorteile aus der Enttäuschung der Menschen mit ihren bisherigen Regierungen – APC und PDP teilen sich die 36 Bundesstaatsregierungen.
Der Dachverband der politischen Parteien Nigerias (CNPP) warnte kürzlich vor einem von Hass und Gewalt geprägten Wahlkampf. CNPP-Generalsekretär Willy Ezugwu kritisierte, dass „Regierungsparteien der Opposition Zugang zum öffentlichen Raum für ihren Wahlkampf verweigern“. Nigeria erlebe eine Militarisierung der Politik und zunehmende politische Intoleranz, Hinterlassenschaften der 1999 beendeten Militärdiktatur.
„Solange Politiker nicht verstehen, dass das Wahlvolk über das Schicksal aller Kandidaten und Parteien entscheidet, werden die Vorzüge demokratischer Regierungsführung diesem Land entgleiten“, so Ezugwu. „Nigerianer auf der Straße werden die schädlichen Auswirkungen schlechter Regierungsführung erleiden.“
Die LP hat geklagt, dass ihr der Zugang zu Großveranstaltungsorten verwehrt wurde. Ihr Spitzenkandidat Obi entging einem Attentatsversuch, ebenso PDP-Spitzenkandidat Abubakar. In den nördlichen Bundesstaaten Borno und Kaduna wurden PDP-Unterstützer angegriffen und ihre Wahlkampfautos zerstört. In den südlichen Bundesstaaten Ogun und Ebonyi wurden Gebäude der Wahlkommission INEC angezündet.
„Das ist nicht die beste Art, in einer Demokratie eine Wahl zu gewinnen“, sagte dazu der APC-Vorsitzende Eze Chukwuemeka Eze. Er pries Präsident Buhari dafür, dass er öffentlich die Nigerianer aufgefordert hat, für Parteien und Kandidaten ihrer Wahl zu stimmen. „Das hat Spannungen verringert und das falsche Narrativ untergraben, wonach Politik eine Sache von Leben und Tod ist“, sagte Eze.
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