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Förderung von Ölsand in KanadaBilliges Öl gefährdet dreckiges Öl

Die Teersände in Kanada produzieren das dreckigste Öl des Planeten – in Krisenzeiten aber zu teuer. Jetzt wurde das erste Projekt auf Eis gelegt.

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Berlin taz | Für Umwelt- und Klimaschützer kann der Ölpreis eigentlich gar nicht hoch genug sein: Je teurer das „schwarze Gold“, desto weniger wird verbrannt und desto weniger CO2 erzeugt.

Derzeit passiert allerdings genau das Gegenteil: Weil die Weltwirtschaft im Corona-Schock in die Knie geht, ist so viel Öl auf dem Markt, dass der Preis sinkt. Und weil zusätzlich die Opec und Russland ihre Produktion nicht drosseln, ist der Preis für die Ölsorte West Texas Intermediate auf lausige 31 US-Dollar gefallen.

Das freut Industrie, Autofahrer – und Umweltschützer. Denn das Billig-Öl bringt die dreckigste Ölproduktion der Welt in arge Probleme: Die Förderung von Teersänden in der kanadischen Provinz Alberta, die riesige Gebiete in Mondlandschaften verwandelt, das Wasser verseucht und einen extrem hohen CO2-Ausstoß hat, verliert momentan jeden Tag eine Menge Geld.

Ein Projekt gestrichen, 20 weitere in Wartestellung

Ende Februar hat nun der Konzern Teck Resources angekündigt, ein bereits genehmigtes Projekt für 20 Milliarden kanadische Dollar (13 Milliarden Euro) nicht mehr zu verfolgen. Das „Frontier Project“ sollte 260.000 Fass Öl (jeweils 159 Liter) erzeugen, 7.000 Jobs sichern und 4 Millionen Tonnen CO2 in die Luft blasen.

Als Begründung für die Absage gab Tecks Chef Don Lindsay an, es fehle eine klare Politik der kanadischen Regierung „die Ressourcenentwicklung und Klimapolitik versöhnt“. Denn in Kanada ist die Förderung dieser extrem CO2-intensiven Energieform heftig umstritten.

Das Aus für das „Frontier Project“ kam noch vor dem Preisschock, der momentan die Ölmärkte in eine Krise stürzt. Weitere 20 Ölsand-Projekte warten in Alberta derzeit aber laut Financial Times auf grünes Licht der Investoren.

Die „Kohlenstoff-Blase“ droht zu platzen

Bei Banken und Fonds hat nun aber offenbar das Nachrechnen und das Zittern begonnen. Denn bisher fehlt eine Pipeline, um das Öl kostengünstig an die Westküste Kanadas zu bringen, das Projekt wird von Indigenen und Umweltschützern bekämpft, die Regierung Trudeau, die sich weltweit als Klimaschützer gibt, zögert mit Unterstützung.

Rentabel ist die Produktion von Ölsänden erst ab einem Ölpreis von etwa 40 Dollar, rechnen Experten. Bleibt der Preis weiter niedrig, verbrennen viele Investoren ihr Geld. Seit über einem Jahrzehnt fließen jährlich zwischen 60 und 30 Milliarden Dollar in die umstrittene Technik.

Was droht, ist ein begrenztes Platzen der „Kohlenstoff-Blase“: Wirtschaftskrise, niedriger Ölpreis, Druck auf die Finanzwelt zur Dekarbonisierung und Klimapolitik könnten dann die dreckigste Ölproduktion der Welt ruinieren: ein Ende mit Schrecken statt eines Schreckens ohne Ende.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Zum Ausgleich fallen die Peise für EU Emissionszertifikate, dadurch wird in Deutschland wieder mehr Kohle verstromt.

  • "fehle eine klare Politik der kanadischen Regierung „die Ressourcenentwicklung und Klimapolitik versöhnt"

    Da gibt es ja wohl nur eine: die Ressourcen das lassen wo sie sind, im Boden!

  • Also: Verbrauch senken. *JETZT*.

    Kein Verständnis für SUVs. Fliegen nur wenn's wirklich, wirklich sein muss. Strom- und Gasanbieter wechseln (wenn nicht schon längst getan).

    Vielleicht kippen wir das Monster über die Kante, bevor es unsere Kinder auffrisst.