Förderung von Existenzgründern: Mehr ist tatsächlich weniger
Die Bundesagentur für Arbeit verspricht mehr Geld für arbeitslose Existenzgründer. Doch der Etat für den Gründungszuschuss ist geschrumpft.
BERLIN taz | Anfang November klang der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit (BA) noch ganz zuversichtlich. Man wolle, hieß es bei der Vorstellung des Etats der Behörde für 2014, mehr Geld für Arbeitslosengeld-I-Empfänger ausgeben, die sich selbstständig machen. Der Förderungsetat für den sogenannten Gründungszuschuss solle auf 400 Millionen Euro verdoppelt werden.
Tatsächlich allerdings plant die Bundesagentur weniger Geld für arbeitslose Existenzgründer ein: Waren für dieses Jahr noch 600 Millionen Euro für den Gründungszuschuss für Arbeitslosengeld-I-Empfänger eingeplant, stehen nun im Haushaltsplan für 2014 nur noch 427 Millionen Euro.
Die Pläne stehen im Widerspruch zu der Absicht der potenziellen Koalitionspartner SPD und CDU, Gründer künftig besser zu fördern. Denn die Zahl der Neugründungen von Unternehmen ist 2012 laut dem Gründungsmonitor der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf ein absolutes Tief im Vergleich zum Jahr 2000 gesunken – insbesondere Arbeitslose machen sich im Vergleich weniger häufig selbstständig.
Ob es der BA überhaupt gelingt, die nun im Haushaltsentwurf eingeplanten 427 Millionen Euro zu verteilen, ist fraglich. Denn von den für 2013 eingeplanten 600 Millionen Euro wurden bislang lediglich 153 Millionen Euro ausgegeben. Viel mehr wird es nicht werden: Die Bundesagentur rechnet nach eigenen Angaben damit, dass es Ende des Jahres maximal 200 Millionen Euro werden. Dieser Betrag ist offenbar die Basis, auf welcher der Verwaltungsrat mit der Verdopplung argumentiert. Der Haushaltsentwurf muss noch von der Bundesregierung bestätigt werden.
Mehr Geld allein reicht nicht
Problem bei den Existenzgründungen von Arbeitslosen ist weniger das Geld. Es sind die Hürden, die sie seit 2012 überwinden müssen – und an denen sich nichts ändern wird. „Es werden immer noch viele Anträge gestellt“, sagte eine Sprecherin der Arbeitsagentur Kassel. „Aber viele scheuen zurück, wenn sie dann die erforderlichen Konzepte und Tragfähigkeitsbescheinigungen vorlegen müssen.“ Mehr Geld allein reiche deswegen nicht aus. „Es geht um die Motivation, diese Hürden zu überwinden.“ Die Agentur Kassel hatte im Sommer öffentlich den Rückgang der Existenzgründungen um 82 Prozent beklagt.
Wer sich aus der Arbeitslosigkeit selbstständig machen will, bekommt zunächst sechs Monate lang 300 Euro zusätzlich zum Arbeitslosengeld I. Allerdings muss der Antrag relativ früh gestellt werden, ein Konzept und eine Tragfähigkeitsbescheinigung müssen vorgelegt werden.
Ob ein Arbeitslosengeld-I-Empfänger den Zuschuss bekommt oder nicht, entscheiden zudem seit 2012 die Arbeitsagenturen. In den Jahren zuvor hatten die Arbeitslosen dagegen einen Rechtsanspruch auf den Zuschuss – worauf ein Gründungsboom bei den Arbeitslosen ausbrach und die Höhe der bewilligten Förderungen auf 1,5 Milliarden Euro schnellte.
Antragszahlen gingen rapide zurück
So erhielten in Hamburg 2011 noch über 4.000 Gründer Zuschüsse. In diesem Jahr wurden bislang nur rund 1.000 bewilligt. In Berlin-Brandenburg waren es 2011 rund 12.000 Gründer, im laufenden Jahr bis dato nur rund 1.400. Um mehr potenzielle Gründer zu erreichen, sollen die Vermittler nun bei den Anträgen weniger restriktiv verfahren.
Solange die Anforderungen allerdings bleiben, wie sie sind, ist es fraglich, ob ein erneuter Boom entsteht. Denn selbstständig machen sich Arbeitslose besonders dann, wenn es, wie in wirtschaftlich schlechten Zeiten, keine Jobs gibt. Derzeit aber sucht die Wirtschaft dringend Fachkräfte. Arbeitslosengeld-I-Empfänger sind oft gut ausgebildet und also begehrt auf dem Markt. Bei der Entscheidung darüber, ob es einen Job oder einen Zuschuss geben solle, steckten viele Vermittler „zwischen Baum und Borke“, sagte eine Sprecherin der Bundesagentur.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss