Förderung der Rüstungsunternehmen: Steuergelder für die Waffenindustrie
Das Bildungsministerium fördert Forschungsprojekte der Rüstungsfirmen. Millionen an Steuergeldern fließen an die Waffenindustrie.

Unter den geförderten Rüstungskonzernen befinden sich EADS (European Aeronautic Defence and Space), Kraus-Maffei-Wegmann, Rheinmetall und ThyssenKrupp. Welche Universitäten oder Forschungseinrichtungen daran beteiligt sind, ist in der Projektliste, die der taz vorliegt, nicht vermerkt.
Einen Großteil der Zuwendungen – 7,3 Millionen Euro für 59 der insgesamt 98 BMBF-Förderungen – erhielt die Verteidigungssparte des europäischen Flugzeugbauers Airbus, die Airbus Defence and Space GmbH mit Sitz in Taufkirchen bei München, die für die Bundeswehr den Eurofighter Typhoon oder die Drohne Barracuda baut. Rechnet man die Forschungsaufträge anderer Airbustöchter hinzu (Airbus Operations, Airbus DS und Airbus Helicopters Germany), kassierte der internationale Mutterkonzern sogar 8,6 Millionen Euro vom BMBF.
Die restlichen Gelder teilen sich neben den traditionsreichen deutschen Rüstungsherstellern Kraus-Maffei-Wegmann, Rheinmetall und ThyssenKrupp verschiedene kleinere Firmen auf. Dazu gehören der Triebwerkshersteller MTU Aero Engines, der am Bau der Kampfflugzeuge Tornado und Eurofighter beteiligt ist, die Freiburger Firma Northrop Grumman LITEF, die Sensoren und GPS-Geräte für militärische Fahrzeuge entwickelt, oder Tochterfirmen von EADS Deutschland, die Lenkflugkörpersysteme entwickeln (Cassidian Cybersecurity, Diehl Aerospace) oder Militärfahrzeuge zusammenbauen (Premium AEROTEC).
Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, bezeichnete es als „Skandal“, dass das Bildungsministerium „verdeckte Rüstungsforschung“ betreibt. Millionen an Steuergeldern, die eigentlich für Bildung und Wissenschaft gedacht seien, flössen an die Waffenindustrie, so Gohlke. „Hier werden nicht nur militärische und zivile Forschung in gefährlicher Weise vermischt, es zeigt sich zudem eine unverantwortliche Prioritätensetzung des Forschungsministeriums.“
„Zivile Sicherheitsforschung“
Eine Sprecherin des Ministeriums widerspricht: Das BMBF betreibe keine Rüstungsforschung, sondern „zivile Sicherheitsforschung“. So würde in einem geförderten Projekt eine leistungsfähigere Ausrüstung von Polizei und Feuerwehr entwickelt, bei einem anderen Drohnen für den Einsatz bei der Seenotrettung erforscht. „Eine einseitige Betrachtung beteiligter Unternehmen ist irreführend“, so die Sprecherin, „entscheidend ist die zivile Ausrichtung des Forschungsprojektes.“
Nicole Gohlke, Linkspartei
Tatsächlich befasst sich ein Großteil der geförderten Forschungsprojekte mit Materialforschung oder mit der Entwicklung sicherer Daten- oder Steuerungssystemen. So erhielt beispielsweise Airbus vom BMBF insgesamt mehr als eine halbe Million Euro für das „Verbundprojekt CRYSTAL“, das Datenschnittstellen im Verkehrswesen sicherer machen will. Ob die Forschungserkenntnisse anschließend ausschließlich im zivilen Bereich eingesetzt werden, ist jedoch fraglich.
Linken-Abgeordnete Nicole Gohlke argumentiert, dass man Aufträge mit rein nichtmilitärischen Nutzen nicht an Rüstungsunternehmen hätte vergeben müssen. Das BMBF subventioniere diese und damit deren Fähigkeit, Waffensysteme und Kriegsgerät auszubauen. Für die verteidigungsbezogene Forschung sei aber das Verteidigungsministerium zuständig.
Für „Wehrforschung, wehrtechnische und sonstige militärische Entwicklung und Erprobung“ steht dem Ressort von Ursula von der Leyen (CDU) pro Jahr über eine Milliarde Euro zur Verfügung – doppelt so viel, wie das Bildungsministerium in zehn Jahren für die „zivile Sicherheitsforschung“ ausgegeben hat.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin