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Flughafen-UntersuchungsausschussDas Ende der Mensch-Maschine

Wie ein Landrat das Milliardenprojekt stoppte: Im Untersuchungsausschuss beschreibt Stephan Loge die Monate vor der Absage des ersten Eröffnungstermins.

Der Landrat kurz vor seiner Aussage im Abgeordnetenhaus. Bild: dpa

Der Freitag wird immer mehr zum BER-Tag, weil der zuständige Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses verstärkt Aufmerksamkeit erzeugt. Nach den aufschlussreichen Auftritten von Exchef Hartmut Mehdorn und dem von ihm gefeuerten Extechnikchef Horst Amann vor Kurzem hat an diesem Freitag Stephan Loge ausgesagt, Landrat des Kreises Dahme-Spreewald. Er ist wohl der Mann, der die Pannenserie des Flughafens im Frühjahr 2012 auslöste. Denn das Bauordnungsamt seines Kreises – in dem Schönefeld liegt – hatte sich geweigert, die Genehmigungen für den Brandschutz auszustellen. Die Folge: Die für den 3. Juni geplante Eröffnung musste nur vier Wochen vorher abgesagt werden.

Tatsächlich dürfte Loge einer der kleinen Helden der großen BER-Erzählung sein. Zwar waren die Pläne der Flughafengesellschaft, die Eröffnung trotz nicht funktionierender Brandschutztüren durchzuziehen, abenteuerlich: Rund 700 Helfer sollten im Notfall die Türen bedienen – von der „Mensch-Maschine“ sprachen damals viele ironisch. Sich als Landrat gegen Landes- und Bundespolitiker zu stellen und das damals noch 2,5 Milliarden Euro teure Projekt zu blockieren, erforderte dennoch Mut.

Im Untersuchungsausschuss betonte Loge, dass sein Amt bereits im März 2012 klargemacht habe, dass es den menschlichen Ersatzbrandschutz nicht genehmigen werde. Im April äußerte sich Loge kritisch im Kreistag dazu. Dennoch verschickte er kurz darauf eine Erklärung, laut deren Überschrift die Eröffnung gesichert sei. Auf Nachfrage berichtete Loge von Anrufen aus der Brandenburger Staatskanzlei und von der Flughafengesellschaft nach der Kreistagssitzung und resümierte: „Es kann sein, das ich daraufhin eine relativierende Pressemitteilung herausgab.“ Er betonte indes: „Die untere und die obere Baubehörde haben völlig autark gearbeitet.“ Es habe keinen direkten politischen Druck gegeben.

In den folgenden Jahren mussten mehrere Eröffnungstermine abgesagt werden. Aktuell soll der Großflughafen im zweiten Halbjahr 2017 an den Start gehen. Das hält Loge für realistisch: „Wir sind jetzt langsam in der Gewohnheit, dass Termine eingehalten werden.“

Die Linksfraktion sieht in den Aussagen des Landrats Belege dafür, dass die Flughafengesellschaft „zunehmend unzuverlässig und unverantwortlich agiert“ habe, wie ihr Abgeordnete Carsten Schatz mitteilte. „Die Verantwortung für die monatelange Verweigerung der Realitäten und das Verfolgen von vermeintlichen Lösungen mit unverantwortlich hohen Risiken liegt allein bei der Geschäftsführung des Flughafens.“ Die Grünen lobten das couragierte Auftreten des Landrats: „Die Flughafengesellschaft hat die Behörde offenbar gedrängt, risikoreichen Übergangslösungen beim Brandschutz zuzustimmen. Die Geschäftsführung hoffte wohl auf das Ausnutzen eines Ermessensspielraums, der aber für die Genehmigungsbehörde nicht vorhanden war“, so die Abgeordneten Andreas Otto und Harald Moritz in einer Mitteilung.

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