Flug-Abgabe und Rentezuschuss: Kabinett beschließt Sparpaket
Die Bundesregierung hat das Sparkpaket auf den Weg gebracht. Auch die Opposition will sparen, kritisiert aber unsoziale Einschnitte. Ökologen begrüßen Energiesteuern.
BERLIN taz/dpa | Im Sparen vereint - so präsentiert sich der Bundestag angesichts der hohen Staatsverschuldung, die die Finanz- und Wirtschaftskrise verursacht hat. Elf Milliarden Euro will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem Sparpaket im kommenden Jahr verbuchen.
Am Mittwoch hat das Bundeskabinett den Sparkatalog beschlossen, der 2011 unter anderem Kürzungen bei den Arbeitslosen von 4,3 Milliarden Euro, eine neue Flugticket-Abgabe und die Brennelementesteuer für die Atomindustrie enthält (siehe Kasten). Das Sparpaket soll den Bundesetat bis 2014 um 82 Millionen entlasten. Endgültig entschieden wird es jedoch erst im November.
Bis zur letzten Minute feilte die Regierung am Dienstag an ihrem Vorhaben. Uneinigkeit bestand darüber, welche Unternehmen mehr Ökosteuer bezahlen sollen. Schäuble erhofft sich davon Einnahmen von einer Milliarde Euro im nächsten Jahr.
Arbeitslose: 4,3 Milliarden Euro in 2011 will die Regierung bei ihnen sparen. Förderprogramme werden gekürzt, bringt 2 Milliarden Euro, Rentenzuschüsse für Erwerbslose werden um 1,8 Milliarden gestrichen, das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger fällt weg.
Unternehmen: Werden zusätzlich belastet. Sie müssen 1 Milliarde mehr Ökosteuer zahlen und den Brennstoff der Atomkraftwerke versteuern, macht 2,3 Milliarden. Nach längerer Debatte wird das Kabinett die Atomsteuer "zustimmend zur Kenntnis nehmen".
Flugtickets: Will die Regierung mit einer "ökologischen Luftverkehrsabgabe" belasten: für innereuropäische Flüge wohl 8 Euro, über 2.000 Kilometer Flugstrecke 25 Euro und ab 6.000 Kilometer 45 Euro. KOCH
Das Volumen des Sparpakets finden auch die SPD und die Grünen völlig in Ordnung. Auseinandersetzungen gibt es allerdings darüber, welches die richtigen Mittel sind. SPD-Fraktionschef Joachim Poß beklagte die "soziale Schieflage", und Grünen-Haushälter Alexander Bonde forderte, "die Schwächsten der Gesellschaft nicht so stark zu belasten".
SPD, Grüne und Linke kritisieren vor allem die Kürzungen in der sozialen Sicherung. Die schwarz-gelbe Bundesregierung will unter anderem den Zuschuss zur Rentenversicherung für Hartz-IV-Empfänger streichen, was 1,8 Milliarden Euro sparen soll. Die Folge: Die spätere Rentenzahlung an Personen, die längere Zeit arbeitslos waren, sinkt. Altersarmut wird zunehmen.
SPD und Grüne fordern, auf diese Einschnitte zu verzichten und stattdessen die wohlhabenderen Bürger zur Kasse zu bitten. Beide Parteien plädieren dafür, den Einkommensteuersatz für Spitzenverdiener von heute 42 Prozent um einige Prozent anzuheben. Nach Ansicht der Grünen ließen sich außerdem Milliarden Euro beschaffen, wenn umweltschädliche Subventionen und Förderprogramme für Unternehmen im Haushalt des Wirtschaftsministeriums gestrichen würden.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßte die neue Kernbrennstoffsteuer, den Abbau der Ausnahmen bei der Ökosteuer und die zusätzliche Abgabe auf Flugtickets. Dies sei richtig, um den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid zu belasten und die Wirtschaft in eine ökologische Richtung zu führen, sagte BUND-Chef Hubert Weiger. Künftig solle die Flugsteuer weiter angehoben werden.
Obwohl sich die Wirtschaft erholt und die Staatseinnahmen steigen, will Schäuble auf das Sparpaket nicht verzichten. Bis 2016 soll die Neuverschuldung von 60 Milliarden Euro 2010 auf zehn Milliarden sinken, damit der Bund das Verfassungsgebot der Schuldenbremse einhält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden