Flügelstreit in der Abgeordnetenhausfraktion: Grüne beschließen Krisenkontinuität
Kontrahenten in der Grünen-Fraktion wollen sich mit Hilfe von Moderatoren versöhnen. Der Prozess soll ergebnisoffen sein. Oder vielleicht auch nicht.
Ein Ende des Flügelstreits bei den Berliner Grünen ist auch nach der Krisensitzung der Fraktion am Dienstag nicht absehbar. Nach vierstündiger, teils lautstarker Debatte hinter verschlossen Türen verkündeten die führenden Köpfe der Streitenden am Abend zwar einen Kompromiss. Er bedeutet jedoch zunächst nur, dass nun bis Ende November eine einvernehmliche Lösung gefunden werden soll. Offen bleibt damit, wer danach die Fraktion führen wird.
Bis zum 30. November soll es einen moderierten Prozess geben, sagten der Fraktionvorsitzende Volker Ratzmann und sein Kontrahent Dirk Behrendt bei einem gemeinsamen Pressestatement. „Wichtig ist, dass wir bei dem ergebnisoffenen Verfahren alle an einem Strang ziehen“, betonte Ratzmann. „Wir sagen nicht von vornherein, was dabei rauskommen soll“, ergänzte Ratzmann auf die Frage, ob er im Dezember noch Fraktionschef sei.
Wie offen der Prozess tatsächlich ist, ist jedoch unklar. Wenige Minuten nach Ratzmann erklärte seine Kovorsitzende Ramona Pop, das Wort „ergebnisoffen“ sei in dem von ihr am Ende der Sitzung verlesenen Beschluss gar nicht vorgekommen.
Der linke Flügel und die Realos streiten sich seit einer Woche erbittert um die Führung der Fraktion. Das linke Lager, dem sich 12 der insgesamt 29 Abgeordneten zurechnen, hatten einen der beiden Chefposten für sich reklamiert. Ihre KandidatInnen Dirk Behrendt und Canan Bayram waren jedoch am vergangenen Dienstag in Kampfabstimmungen den AmtsinhaberInnen Ramona Pop und Volker Ratzmann unterlegen.
Der linke Flügel fühlte sich dadurch verprellt. Pop und Ratzmann würden nicht die ganze Fraktion repräsentieren, heiß es. Das Angebot der Realos an die Linken, sie könnten KandidatInnen für die drei Stellvertreterposten vorschlagen, hatte Behrendt "unter den gegebenen Umständen" zurückgewiesen.
Laut einem am Dienstag in der Fraktion verteilten Papier hat Behrendt verlangt, dass einer der beiden Vorsitzenden sein Amt zur Verfügung stelle. Er und Bayram würden dafür ebenfalls auf eine erneute Kandidatur verzichten. Stattdessen solle „eine breit getragene Person gesucht und vorgeschlagen werden“.
Pop und Ratzmann schlugen laut einer der taz vorliegenden „Beschlußvorlage“ hingegen vor, den Konflikt bis zum 30. November in einem klar strukturierten Gesprächsprozess unter der Leitung von „professionellen ModeratorInnen“ oder von zwei Vermittlern zu klären. So solle die Grundlage geschaffen werden, dass „spätestens in einem Jahr“ ein Vorstand gewählt werden kann, der alle Mitglieder der Fraktion vertrete. Zudem sollten sich alle verpflichten, „über das Verfahren und seinen Verlauf nichts gegenüber Medien verlauten zu lassen.“
Entsprechend knapp fielen die Statements von Ratzmann und Behrendt nach der laut Teilnehmernangaben sehr zähen Debatte aus. Klar ist nur soviel: Schon am Donnerstag kommt die Fraktion erneut zusammen. Dann soll über die Auswahl der Moderatoren und das weitere Verfahren entschieden werden. Und die gewählten Fraktionsvorsitzenden bleiben im Amt. Vorerst.
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