Flüchtlingswohnen in Berlin: Wie die Degewo integriert
Berlins größte kommunale Wohnungsbaugesellschaft plant eine Flüchtlings-WG. Wer da wohnen will, braucht aber eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Ach, die Degewo: Da ist Berlins größte kommunale – im Besitz der Stadt befindliche – Wohnungsbaugesellschaft gerade erst in ein PR-Desaster geschlittert, das ihren Pressesprecher den Job gekostet und heftig am Lack des Bausenators gekratzt hat. Eine Mail, in der der Unternehmenssprecher Kollegen auffordert, Fragen eines Journalisten zunächst nicht zu beantworten, um im Sinne der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung „kritische Berichte möglichst zu unterbinden“, war peinlicherweise auch an den fragenden Journalisten der Berliner Zeitung gegangen.
Nun startet die Degewo einen Versuch zur Sympathierückgewinnung, der allerdings einen ähnlich hohen Peinlichkeitswert hat. Das Projekt, auf das die Wohnungsbaugesellschaft so stolz ist, dass sie seit Tagen ihre Internetseite damit aufmacht, heißt „FRED“ („Fairness, Respekt, Engagement und Degewo“) und bedeutet, dass das Unternehmen eine seiner 75.000 Wohnungen für eine „Integrations-WG für zwei Geflüchtete und zwei Nicht-Geflüchtete“ zur Verfügung stellt.
Das ist super, denn bisher hat sich die Degewo bei der Vermietung an Geflüchtete nicht hervorgetan: 250 Wohnungen stellen die sechs kommunalen Wohnungsbaugesellschaften insgesamt jährlich für Flüchtlinge zur Verfügung – aus einem 320.000-Wohnungen-Bestand.
Die Peinlichkeit liegt anderswo: Von Geflüchteten, die in FRED einziehen möchten, verlangt die Degewo eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Nur: Flüchtlinge mit unbefristeter Aufenthaltsgenehmigung gibt es gar nicht – schon gar nicht, wenn sie, wie die Degewo sich das vorstellt, noch studieren oder in Ausbildung sind. Wer das Asylverfahren erfolgreich absolviert hat, bekommt immer eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Wer nach Jahren in Deutschland sein Geld selbst verdient, kann auf eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis hoffen – für Studis und Azubis gilt das in der Regel nicht. Selbst wer ganz ohne Flucht einfach zum Studieren aus dem Ausland herkommt, bekommt nur eine befristete Aufenthaltsgenehmigung.
So kann man Geflüchteten nur empfehlen, sich auf die FRED-Plätze für Nichtgeflüchtete zu bewerben: Für die gilt die Bedingung nämlich nicht. Sie sollen stattdessen „eine große Portion Unvoreingenommenheit“ mitbringen, heißt es in der Degewo-Ausschreibung – nun, die braucht wohl jeder im Umgang mit dieser Wohnungsbaugesellschaft. Vor allem aber täte sie der Degewo selbst gut.
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