Flüchtlingsboot im Mittelmeer: Offenbar Hunderte ertrunken
Ein völlig überladenes Fischerboot ist vor Libyens Küste gekentert. Mehrere hundert Menschen wurden gerettet, ebensoviele werden noch vermisst.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) erklärte, an Bord des Bootes hätten sich mehr als 600 Menschen befunden, die Organisation Ärzte ohne Grenzen ging von bis zu 700 Geflohenen aus. Das Boot hatte am Morgen einen Hilferuf abgesetzt, der im sizilianischen Catania entgegengenommen wurde. Zwei in der Nähe des Bootes patrouillierende Rettungsschiffe wurden entsandt, das irische Marineschiff „Lé Niamh“ sowie die von der Organisation Ärzte ohne Grenzen gecharterte „Dignity 1“, später kamen drei weitere Boote dazu.
Beim Eintreffen des irischen Rettungsschiffs kenterte das Flüchtlingsboot. Oftmals sind die Schiffe derart überladen, dass es zum Kentern kommt, wenn nur einige Menschen gleichzeitig aufstehen, sagte ein Vertreter der Küstenwache. Das war nun offenbar bei den Flüchtlingen in Erwartung ihrer baldigen Rettung der Fall.
Das UNHCR sei um das Leben der noch vermissten Flüchtlinge „besorgt“, erklärte das Hilfswerk. Demnach war das Meer relativ ruhig, das Boot sank jedoch schnell, weil es aus Metall war. Offenbar steckten dabei zahlreiche Menschen noch in dem Schiffswrack fest. Ärzte ohne Grenzen sprach vor Ort von „vielen Toten“.
2000 Tote seit Jahresbeginn
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) hatte am Dienstag in Genf mitgeteilt, dass seit Jahresbeginn bereits mehr als 2000 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer ums Leben kamen. Insgesamt unternahmen demnach seit Januar rund 188.000 Flüchtlinge und Migranten die gefährliche Reise über das Mittelmeer nach Europa. Die meisten Flüchtlinge kamen in Griechenland und in Italien an.
Libyen ist ein Haupttransitland für Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, Asien und Afrika auf dem Weg nach Europa. Bei einer der bisher schlimmsten Tragödien vor der libyschen Küste starben Mitte April etwa 800 Menschen.
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