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Flüchtlinge teils bewusstlos geprügeltHaftstrafen nur eventuell

Vier junge Männer sind auf drei Flüchtlinge losgegangen und haben einen davon bewusstlos geprügelt. Ihre Haftstrafe müssen sie vielleicht nicht antreten.

Der Prozess gegen die fünf jungen Männer lief bereits seit Februar. Am Freitag wurde das Urteil gesprochen Foto: dpa

Heinsberg dpa | Für einen Überfall auf Flüchtlinge sind vier junge Männer in Nordrhein-Westfalen zu Haftstrafen verurteilt worden. Das Jugendschöffengericht Heinsberg bei Aachen verhängte Strafen von bis zu einem Jahr und neun Monaten, die aber nicht angetretenen werden müssen, wenn sie sich in den nächsten sechs Monaten nichts zu Schulden kommen lassen.

Das Gericht verurteilte die 18 bis 20 Jahre alten Männer am Freitag wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen des Zeigens verfassungsfeindlicher Symbole.

Die jungen Männer waren an einer Bushaltestelle im Kreis Heinsberg mit Quarzsandhandschuhen, Teleskopschlagstock und Stahlkappenschuhen auf drei Flüchtlinge losgegangen. Als eines der Opfer zu Boden ging, soll ihm einer der Angeklagten mit seinem Stahlkappen-Schuh gegen den Kopf getreten haben.

Die Staatsanwaltschaft hat mehrjährige Haftstrafen für die vier junge Männer gefordert. Die 18 und 19 Jahre alten Männer hätten aus Ausländerhass zugeschlagen, sagte Staatsanwältin Ulrike Politzer am Montag vor dem Jugendschöffengericht. „Wir müssen die besondere Schwere der Schuld feststellen“, begründete sie die geforderten Haftstrafen nach dem Jugendstrafrecht.

Ein fünfter Angeklagter wurde wegen Beihilfe zur Körperverletzung bei einem anderen Überfall auf einen Flüchtling zu neun Monaten verurteilt.

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6 Kommentare

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  • In den NRW-Lokalzeitungen, inzwischen alle längst in der Hand rechtsreaktionärer Medienkonzerne, füllen sich die Leserkommentarspalten bei jedem Kleindelikt, wo Migrationsbeteiligung beim Täter vermutet wird mit unzähligen Kommentaren, in denen die "linksgrün versiffte" NRW-Landesregierung wegen ihrer laxen Rechtsprechung gegeißelt wird, aber zum Skandal von Heinsberg fand sich z.B. in der Rheinischen Post kein einziger dieser Kommentare.

     

    Hier im äußersten Westen der Republik, im ehemals niederländisch besetzen Selfkant, ist es nicht anders als ganz tief im Osten. Die meisten rechten Delikte werden von der Polizei gar nicht erst aufgenommen, schließlich kennt man sich aus Schützen- oder Karnevalsverein oder von der freiwilligen Feuerwehr.

     

    Man nimmt zwar gerne den strukturförderischen Aspekt von Unterkünften für Flüchtlinge an, das bringt schließlich Geld für Bau- und Betreuungsfirmen, aber auf der Straße sind Geflüchtete genau so Freiwild wie das versprengte Häuflein der Antifa-Aktivist_innen oder die Gegner des Braunkohletagebaus.

  • So ist das in NRW. Die Justiz tut wirklich alles, um die Kosten für das Land so gering wie möglich zu halten. Deshalb gibt es so gut wie keine Gefängnisstrafen mehr. Denn Gefängnisse kosten eine Menge Geld, das das Land nicht hat. Das ist einer der Gründe, warum sich Kriminelle in NRW so besonders wohl fühlen. Das einzig Gute ist: Es gilt für alle. Die Justiz ist auf dem rechten und auf dem linken Auge blind. Und auf dem in der Mitte irgendwie auch.

  • Was soll das!!!! Die müssen bestraft werden ,bin echt fassungslos.

  • Bin sprachlos. Gefährliche Körperverletzung und die Täter laufen einfach so frei rum? Keine weiteren Auflagen wie Sozialdienst oder psychologische Betreuung? Bin mir zwar bewusst, dass Gefängnis aus diesen Typen kaum bessere Menschen machen wird, aber ein wenig Abschreckung muss schon noch sein.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Und eine junge Frau wird zu zwei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, weil sie ihre Identität nicht preisgeben will...

    • @88181 (Profil gelöscht):

      @Jim Hawkins: Sie hat die Haft bekommen, weil eine Bewährungsstrafe nicht nachvollziehbar wäre ohne ihre Personalien. Gleichwohl sind 2 Monate wie auch immer für einen blauen Fleck viel zu hoch. Im Zusammenhang mit dem obigen Fall, wo ich für versuchten Mord plädieren würde, zeigt sich aber, das Justitias Waagschalen ungleich hängen.