Flüchtlinge in Somalia: Misshandlung statt Zuflucht
Flüchtlinge werden in Mogadischu häufig misshandelt und vergewaltigt, heißt es in einem Bericht von Human Rights Watch. Die Lagerleiter missbrauchten ihre Macht.
NEW YORK dpa | In der somalischen Hauptstadt Mogadischu sind nach Angaben von Menschenrechtlern Vergewaltigungen und Misshandlungen von einheimischen Flüchtlingen seit Jahren alltäglich. „Statt der erhofften Zuflucht vor Hunger und Kämpfen fanden viele Vertriebene in Mogadischu nur Feindseligkeit und Missbrauch“, schreibt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in einem am Mittwoch veröffentlichten 80 Seiten langen Bericht. Mitglieder von Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen würden die Flüchtlinge schlagen, vergewaltigen und auf andere Weise misshandeln.
Die Flut der Vorfälle habe mit der Hungerkatastrophe Mitte 2011 begonnen und sich vor allem 2012 fortgesetzt. Die Leiter der Flüchtlingslager würden dabei als sogenannte Torwächter ihre Macht systematisch missbrauchen und ihre Opfer unter den schutzlosen Flüchtlingen finden.
„Viele Opfer sexueller Gewalt melden die Fälle nicht, weil sie Rache ihrer Peiniger befürchten, die Schande nicht ertragen oder kaum Vertrauen in die Justiz haben.“ Der Vater einer jungen Frau, die Berichten nach von vier Soldaten vergewaltigt worden war, sagte: „Wir sind nicht zu den Behörden gegangen, weil der Aufseher uns während der Vergewaltigungen bedroht hat. Wie kann ich jemandem hier trauen? Wir müssen schweigen.“
Der Bericht stützt sich auf Interviews mit 70 Flüchtlingen. Den Vertriebenen werde Nahrung und Obdach vorenthalten und die einzelnen Stammesgruppen würden diskriminiert. Schläge und andere Gewalt seien alltäglich. Eine Aufseherin lasse die Flüchtlinge nicht gehen, weil sie sie weiter ausbeuten wolle. Dabei wollten einige Flüchtlinge trotz Hunger und Kämpfen lieber in ihre Heimat zurück: „Es gibt nichts schlimmeres als die Lage hier. Wir wollen alle nur noch in ein Auto und zurück in unsere Dörfer. Wenn ich hier vor Hunger sterbe, kann ich genau so gut in meinem Dorf sterben, denn Tod ist Tod.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!