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Flüchtlinge in EuropaJuncker lädt kurzfristig zum Treffen ein

Die Situation im Südosten Europas verschärft sich. Jetzt hat EU-Kommissionschef Juncker rasch ein Spitzentreffen angesetzt.

Werden auch am Sonntag miteinander sprechen: Jean-Claude Juncker und Angela Merkel. Foto: dpa

Brüssel dpa | In der Flüchtlingskrise lädt EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker einige europäische Staats- und Regierungschefs zu einem Spitzentreffen am Sonntag nach Brüssel ein. Bei der Zusammenkunft solle es um die Westbalkanroute gehen, teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel mit. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde erwartet. Eingeladen sind auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder Österreich, Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Ungarn, Rumänien und Slowenien.

Deutschlands wichtigster EU-Partner Frankreich wird nicht vertreten sein. Die Kommission strebt gemeinsame Schlussfolgerungen an, die direkt in die Tat umgesetzt werden könnten.

Kroatien und Slowenien sind derzeit mit einem Ansturm Tausender Menschen konfrontiert. Slowenien beschloss in der Nacht zum Mittwoch, Militär an seiner Grenze einzusetzen. In Griechenland kommen immer noch viele Flüchtlinge aus der Türkei an.

Bei dem Treffen am Sonntag, über das zuerst die Bild berichtet hatte, handelt es sich nicht um einen EU-Gipfel, da nicht alle 28 EU-Länder vertreten sein werden. Gipfel können nur von EU-Ratspräsident Donald Tusk einberufen werden. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben bereits bei einem Krisentreffen Ende September und beim regulären Gipfel in der vergangene Woche über die Flüchtlingskrise beraten.

Tusk ist zu der Begegnung in der Kommission eingeladen, ebenso UN-Flüchtlings-Hochkommissar Antonio Guterres. Auch das Europäische Asyl-Unterstützungsbüro (Easo) und die Grenzschutzagentur Frontex sollen vertreten sein.

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8 Kommentare

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  • Entwicklungspolitik hat viele Perspektiven. Denn durch Annäherung kann man den Wandel in den Ländern bewirken, von wo Flüchtlinge weglaufen.

     

    Durch eine starke und nachhaltige Entwicklungshilfe können gleichzeitig viele Ziele erreicht werden. So hilft man, dass die notwendige medizinische Versorgung, Lebensmittel, sauberes Trinkwasser bereitgestellt wird. Man bringt den Menschen die Werte der EU wie Gleichberechtigung bei. Durch die Aufklärung an den Schulen sorgt man zusätzlich dafür, dass Menschen nicht unter Instrumentalisierung von Extremisten wie IS fallen. Außerdem würden Menschen selbst von radikalen Extremisten erzählen, wenn sie von denen bedroht werden. Selbst kleine Kinder kämpfen für Kinderrechte und gegen Extremisten!

    https://www.taz.de/!5241258/

     

    Braucht die Welt Veränderungen?

  • Sollten bei dem Treffen auch Abschiebungen diskutiert werden, dann sollte dabei auf Kinder, Frauen, alte Menschen, kranke Menschen und Menschen mit Behinderungen eine besondere Rücksicht genommen werden. Die sollte man nur abschieben, wenn es wirklich gar nicht mehr anders geht. Denn sie haben viel weniger Chancen in ihren Heimatländern zu überleben als gesunde Männer.

  • Diese Krise ist eine historische Herausforderung für die Europäische Union, wie unsere Bundeskanzlerin, Frau Merkel das so zutreffend sagte. Man vorstelle, die Europäische Union würde das nicht schaffen…Was dann? Wird dann die Europäische Union wirklich weiter bestehen bleiben? Würde wirklich niemand wie u.a. England austreten? Union steht dafür, dass man einander hilft und gemeinsam Schwierigkeiten überwindet. Wenn man jetzt resigniert, alle Grenzen verschließt, sich voneinander abschottet, jeder für sich agiert…Was würde geschehen und vor allem wer würde helfen, wenn ein Land oder gar mehrere Länder von IS angegriffen wären? Das wäre eine echte Krise und eine wirkliche Gefahr für die ganze EU, wenn die Europäische Union keine wirkliche Union wäre: unabhängig von einem Anspruch auf den Schutz durch Nato. Nato kann nicht sofort reagieren.

     

    Wahrscheinlich könnte Griechenland einige Flüchtlinge aufnehmen. Erstens könnten so deren Schulden in der Europäischen Union leichter und schneller getilgt werden. Und zweitens soll das Land sehr bürokratisch sein. Es gibt also sehr viele Verwaltungsbehörden etc.; und es könnte sein, dass es einen Arbeitskräftemangel bei einfachen Arbeitstätigkeiten im Niedriglohnsektor gibt.

     

    Langsam fangen an auch einige weiteren Zeitungen in Deutschland es zu verstehen, dass die Ursachen, die Menschen zur Flucht zwingen – wie Frau Merkel das so sieht – bekämpft werden müssen, damit die Krise bewältigt wird, - und nicht nur für kurze Zeit.

     

    Die meisten negativen Umfragen wegen der menschenfreundlichen Asylpolitik der Bundeskanzlerin kommen aus den Zeitungen und im Auftrag von Zeitungen aus BAYERN, wie beispielsweise Focus.

    • @Stefan Mustermann:

      Mal eine ernstgemeinte Frage: Wo sind Sie beschäftigt? Im Bundeskanzleramt?

       

      Die Realität hat mit Ihren Jubelarien für Frau Merkel nämlich rein gar nichts zu tun. Wie ich in meinen unten stehenden Kommentaren geschildert habe, ist "unsere" Bundeskanzlerin die Hauptverantwortliche für die gewaltige Krise, die mittlerweile innen- wie außenpolitisch entstanden ist.

       

      Und das wird europaweit so gesehen: Recherchieren Sie einfach mal ein bisschen im Netz nach spanischen, britischen, italienischen und französischen Publikationen von links bis rechts. Von der Einschätzung der Arbeitsloseninitiativen in diesen Staaten will ich gar nicht reden.

       

      Frau Merkel hat über viele Jahre mit ihr rücksichtlosen Politik unseren EU-Partnern maßlosen Schaden zugefügt. Und genau deswegen bekommt sie jetzt bezüglich ihrer Forderung nach Solidarität weitgehend die kalte Schulter gezeigt.

       

      Apropos „gemeinsame Werte“ der EU. Frau Merkel hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass es nur noch eine Art von Werten gibt, nach der sich alles in der EU richten muss: Die Börsenwerte. Wie oft durften wir zur Begründung wahnwitziger politischer Entscheidungen hören: „Die Finanzmärkte dürfen nicht beunruhigt werden“. Und zur „Rettung“ exakt dieser Finanzmärkte wurden Unsummen verpulvert, die u. a. jetzt Millionen junger EU-Bürger mit Arbeitslosigkeit bezahlen müssen. Mit diesen Milliarden hätte man übrigens auch wesentlich bessere Chancen, den jetzt kommenden Flüchtlingen zu helfen.

  • Allmählich zeichnet sich ab, in welch katastrophale Lage Deutschland inzwischen durch die eigene Politik hinein manövriert worden ist:

     

    1. Das deutsche Lohndumping in den letzten 15 Jahren hat mittlerweile verheerende Folgen für die anderen europäischen Staaten. Während Deutschland einen Rekord nach dem anderen bezüglich seiner Exportquoten bejubelte, geriet die Wirtschaft unserer wichtigsten EU-"Partner" immer weiter ins Hintertreffen. Eine direkte Folge dieser Politik ist z. B. die Massenarbeitslosigkeit vieler junger Menschen in diesen Staaten.

     

    2. Dass Frau Merkel Anfang September nach Gutsherrenart eine erhebliche Dynamisierung des Flüchtlingsstroms provozierte, stieß bereits damals in allen anderen EU-Staaten auf äußerstes Erstaunen, wenn nicht gar blankes Entsetzen. Als dann jedoch die Forderung aus Deutschland zu hören war, das entstandene Debakel nun doch bitte auf europäischer Ebene zu lösen, war das Maß an Unverschämtheiten auch für Deutschland wohlgesonnene Regierungen einfach voll.

     

    Frau Merkel hat sich daher außer ein paar kosmetischen Aufnahmezusagen anderer Länder schlichtweg einen Korb nach dem anderen abgeholt. Zu dem jetzt von Herrn Juncker anberaumten Krisentreffen werden sowohl Hollande als auch Cameron gar nicht mehr erscheinen. In diesen Ländern, aber auch in Spanien und Italien ist die Empörung über das rücksichtslose Verhalten der deutschen Regierungschefin überall deutlich zu vernehmen:

     

    „Deutschland hat jahrelang brutal auf Kosten unserer Arbeitsplätze die eigenen Interessen durchgesetzt. Und jetzt verlangt es von uns solidarisches Handeln? Wie sollen wir das unseren Bürgern vermitteln?“

     

    Diesen außenpolitischen Trümmerhaufen haben wir zwar nicht nur Merkel zu verdanken, aber sie war in den letzten Jahren die treibende Kraft für eine Politik, die Deutschland komplett isoliert hat und Europa zu spalten droht.

    • @Urmel:

      Eine Ergänzung zu meinem vorstehenden Beitrag:

       

      Exakt aus diesen Gründen werden wir, d. h. alle in Deutschland lebenden Menschen, die Aufnahme der Flüchtlinge nahezu alleine schultern müssen. Und das geschieht auch völlig zu Recht: Schließlich hat die große Mehrheit der Wahlbürger dieses Landes eine Regierung gewählt, deren Chefin sich in den letzten Wochen weitaus ungeschickter verhalten hat, als der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen.

       

      Zudem gilt: Wer jahrelang nur seine eigenen Interessen durchgesetzt hat, braucht sich nicht zu wundern, wenn die „Partner“ in der EU irgendwann deutlich machen, dass Solidarität nicht dauerhaft eine Einbahnstraße sein kann.

      • @Urmel:

        In allem, was Sie hier schreiben, stimme ich Ihnen zu, wobei mich fassungslos macht, wie leicht es in diesem Land ist, so etwas wie eine "Revolution von oben" im Angesicht einer Bevölkerung durchzuziehen, die zwar zunehmend missmutig ist, aber trotzdem nur mit vor Erstaunen runtergefallener Kinnlade zusieht.

         

        Unfassbar ist auch, wie Merkel und Konsorten auf die Idee kamen, dass ihnen andere Länder helfen werden - seien es EU-Partner, seien es die USA oder die Türkei (von der man es noch immer hofft). Warum sollten sie?

         

        Was für ein Realitätsverlust muss Politiker befallen haben, deren Politik von solchen Annahmen ausgeht?

         

        Lediglich in einem Punkt Ihrer Kommentare möchte ich etwas modifizieren: Sie schreiben, dass die große Mehrheit der Wahlbürger durch die Wahl der Merkel-Regierung die Situation selbst verschuldet habe.

         

        Zunächst einmal ist aber bei einer Wahlbeteiligung von gut 70%, von denen weitere knappe 16% der Stimmen unter den Tisch gefallen sind, nur ca. 55% der Wahlberechtigten überhaupt im Bundestag repräsentiert, und trotz großer Koalition weniger als die Hälfte in den Regierungsfraktionen.

         

        Vor allem aber konnten Merkels Wähler doch beim besten Willen nicht ahnen, was die Kanzlerin ihnen und dem Rest Europas bescheren wird. Erinnern Sie sich noch an Merkels abschließende Sätze im Rededuell mit Steinbrück?

        Die begannen mit: "Sie kennen mich. Wir hatten vier gute Jahre in Deutschland."

         

        Wer Merkel wählte, weil er glaubte, sie zu kennen, der rechnete ganz bestimmt zuallerletzt mit einer No-Border-Politik.

        • @Marzipan:

          Mit ihren Anmerkungen haben Sie wohl recht. Merci für diese Präzisierung.