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Flensburger Baupläne stockenDas fehlende Formular

Flensburg will ein neues Stadtviertel bauen, muss dafür aber erst einen Hafen verlegen. Das geht nicht so einfach, wie die Stadtverwaltung dachte.

Lässt sich nicht mal eben an einen anderen Ort verlegen: der Flensburger Hafen Foto: Frank Molter/dpa

Neumünster taz | Wohnen mit Blick aufs Wasser, Kleingewerbe und ein nachhaltiges Verkehrskonzept: Flensburg will auf der Ostseite der Förde ein neues Stadtviertel bauen. Es soll die Wohnungsnot der wachsenden Stadt lindern und aus dem heutigen Industriegebiet ein attraktives zweites Zentrum machen. Doch noch befindet sich ein Wirtschaftshafen auf dem Gelände. Für den besteht eine Betriebspflicht, und bevor die aufgehoben wird, hat das zuständige Wirtschaftsministerium in Kiel noch ein paar Fragen.

Eigentlich sollten die Arbeiten für das neue Vorzeigeviertel bereits in diesem Frühjahr losgehen. Doch der Start verzögert sich: Erst im November 2022 stellte die Stadt beim Land einen Antrag, um den Hafen am jetzigen Standort aus der Betriebspflicht zu nehmen.

Dass die Flensburger Verwaltung es schlicht verbaselt hat, diese entscheidende Formalität zu regeln, weist Rathaussprecher Clemens Teschendorf zurück: „Die Pläne waren immer mit dem Land abgestimmt“, sagt er. Die Frage der formalen Genehmigung sei aus Sicht der Verwaltung „Teil des Prozesses“ gewesen. „Wir waren davon ausgegangen, dass es einfach ist, den Hafen zu verlegen. Wir wollten erst den zweiten Standort vorbereiten, sodass ohne Pause weitergearbeitet wird.“

Dass die Stadt mit dieser Meinung nicht ganz richtig lag, stellte sich im vergangenen Herbst heraus. Damals wies das Verkehrs- und Wirtschaftsministerium, das seit Sommer 2022 vom parteilosen Minister Claus Ruhe Madsen geführt wird, auf das fehlende Formular hin. Insofern bestätigte ­Teschendorf: „Der Antrag – ja, der hätte früher gestellt werden sollen.“

Warnungen aus dem Wirtschaftsministerium

Die Stadt hatte das Gelände rund um den Hafen-Ost im Jahr 2020 zum Sanierungsgebiet erklärt. Es handelt sich um rund 54 Hektar, davon liegen knapp 40 an Land, der Rest ist Wasserfläche. Auf dem Gelände stehen alte Speicher, teilweise mit Werkstätten darin, außerdem Betriebe und Lagerstätten.

Um dort bauen zu können, möchte die Stadt den kommunalen Hafen auf die andere Seite der Förde verlagern. Dort gibt es ebenfalls Kai-Anlagen und eine Fläche direkt am Wasser, auf der die Stadtwerke bisher Kohle für das Kraftwerk lagern.

Wenn die Energieversorgung auf neue Wärmequellen umgestellt wird, braucht es das Kohlelager nicht mehr, die Fläche wäre frei, argumentiert die Stadt, deren Rat sich mehrheitlich für die Pläne ausspricht. „Die Verlagerung wäre machbar, die Stadt hatte schon immer mehrere Anlegeflächen“, sagt Teschendorf. Auch über diese Pläne sei die Stadt „seit Längerem mit dem Land im Dialog“.

Bei diesem Dialog kamen aus dem Wirtschafts- und Verkehrsministerium regelmäßig ablehnende Töne. 2018, als der Stadtrat über das neue Viertel diskutierte, reiste der damalige Minister Bernd Buchholz (FDP) mehrfach nach Flensburg und warnte vor der Stilllegung der Fläche: „Häfen sind keine dekorativen Schmuckstücke einer Stadt, sie sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.“

„Dass Herr Buchholz kein Fan ist, das war uns bewusst“, sagt Teschendorf. Doch auch der neue Minister Madsen sieht „viele offene Fragen“, heißt es auf Anfrage aus dem Ministerium. Der Antrag auf Aufhebung der Betriebspflicht ist „nicht beschieden“.

Würde Kiel den Antrag ablehnen, könnten die Pläne der Flensburger Ratsmehrheit scheitern: „Wohnraum plus den Hafen wird es nicht geben“, sagt Sprecher Teschendorf. Denn der Lade- und Löschbetrieb verursacht zu viel Lärm, um direkt daneben Häuser zu bauen. „Wir hoffen, dass unsere Argumente überzeugen.“

Seit Jahren setzt sich eine Bürgerinitiative dafür ein, den Hafen am alten Platz zu erhalten

Dabei sind nicht einmal in der Stadt alle überzeugt. Seit Jahren setzt sich eine Bürgerinitiative dafür ein, den Hafen am alten Platz zu erhalten. Deren Mitglieder befürchten mehr Verkehr rund um den neuen Standort und wirtschaftliche Verluste, wenn der Hafen künftig weniger Platz hat. Darüber hinaus sei der Plan ein „Millionengrab“.

Ratsfrau Gabriele Ritter vom „Bündnis solidarische Stadt“ wies in einer Ratssitzung auf einen anderen Aspekt hin: „Wir müssen die Hafen-Infrastruktur ausbauen, um so viele Güter wie möglich von der Straße zu holen.“ Auch die Minderheitenpartei SSW ist gegen den Umzug.

CDU und SPD befürworten die Pläne hingegen. Aus Sicht der SPD ist die „Bedeutung des Wirtschaftshafens verschwindend gering“. Sie verweist auf die Möglichkeiten, die das Gelände auf der Ostseite bietet: „In attraktivster Lage liegen große Chancen brach – für eine Stadt, die bald aus allen Nähten platzt“, heißt es in einem Konzept der Partei.

Bis Jahresende soll die Entscheidung fallen. Geht es schief, wäre es nicht das erste Mal, dass die Flensburger Verwaltung ein Großprojekt plant, ohne alle rechtlichen und formalen Hürden aus dem Weg zu räumen: Für den Bau einer Straße war ein Landwirt enteignet worden – zu Unrecht, wie sich später herausstellte.

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