Fingerabdruck für Personalausweis: Von wegen sicherer
Der Personalausweis soll mit Fingerabdruck fälschungssicherer werden. Das ist mindestens überflüssig.
A b dieser Woche ist es so weit: Wer einen neuen Personalausweis beantragt, muss künftig im Bürgeramt beide Zeigefinger auf einen Scanner halten – Abnahme der Fingerabdrücke. Die liegen dann gemeinsam mit dem biometrischen Foto auf einem Chip im Ausweis. Die Regelung gilt EU-weit für neu ausgestellte Reisedokumente.
Es ist ein Beispiel dafür, wie faktenresistente Politiker:innen mit neuen Überwachungsmechanismen für ein vermeintliches Mehr an Sicherheit sorgen wollen. Denn das Argument für die Fingerabdrücke lautete stets: Der Ausweis soll fälschungssicherer werden.
Es wäre schwierig, sich dem zu verschließen, hätte das Dokument das Sicherheitsniveau eines – sagen wir – Impfpasses. Hat es aber nicht. Im Gegenteil. Zumindest was den deutschen Personalausweis angeht, ist er so schwer zu fälschen, dass es in der Regel gar nicht erst versucht wird. Das Innenministerium zählte laut Deutscher Welle in den vergangenen Jahren jeweils nur wenige Dutzend Versuche.
Mag sein, dass das Fälschen bei Dokumenten aus anderen europäischen Ländern einfacher ist – aber dann gäbe es hier noch auf anderen Wegen Potenzial, die Sicherheit zu erhöhen. Das präventive Erfassen der Fingerabdrücke von Millionen Bürger:innen trägt jedenfalls nicht dazu bei, die Menschen besser zu schützen.
Denn biometrische Daten wie Fingerabdrücke, die Iris oder auch der Herzrhythmus, haben eines gemeinsam: Man kann sie nicht einfach ändern, wie etwa ein Passwort. Sind die Daten erst einmal abgegriffen, in falsche Hände gelangt, lassen sie sich nicht wieder zurückholen. Das ist auch deshalb von Bedeutung, weil biometrische Daten immer häufiger zur Authentifizierung eingesetzt werden – beim Entsperren des Smartphones oder Laptops, als Zugangsvoraussetzung zum Betriebsgelände und auch schon zur ersten Wohnung.
Nun bleibt, wie so oft, wenn es um Bürgerrechte geht, nur das letzte Mittel: der Rechtsweg. Das ist frustrierend. Und es bestärkt jene, die sich angesichts von immer mehr gesammelten Daten auf allen Ebenen in dem Gefühl von Machtlosigkeit einrichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört