Finanzsumpf bei der NPD: Molau will doch nicht NPD-Chef werden
Niedersachsens Parteivize Molau verzichtet auf seine Kandidatur als NPD-Parteichef. Nun droht der Partei auch der finanzielle Ruin.
Mit dieser Niederlage hatte Andreas Molau nicht gerechnet. Eigentlich wollte der niedersächsische NPD-Landesvize beim Parteitag für den Bundesvorsitz kandidieren. Doch bereits jetzt ist er gescheitert. Mächtige parteiinterne Unterstützer ließen ihn fallen, obwohl sie ihn selbst als Kandidaten vorgeschlagen hatten. "Verarscht" fühle er sich, sagte Molau zur taz. Er habe seine Kandidatur nun zurückgezogen.
Hintergrund ist die Ankündigung des NPD-Fraktionschefs im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, beim Parteitag am 8. März gegen den langjährigen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt anzutreten. "Ja, das hat mich überrascht", sagte Molau. Ohne Rückhalt habe die Kandidatur keinen Sinn. Daraufhin kündigte am Donnerstag auch der NPD-Bundesvize Sascha Roßmüller an, dass er für den Parteivorstand nicht mehr bereitstehen werde. Dabei glaubte Molau noch am Wochenende, Rückenwind zu bekommen. Die niedersächsische NPD hatte den ehemaligen Waldorfschullehrer zu ihrem Spitzenkandidaten zur Bundstagswahl gekürt. Die Voigt-Getreuen unterlagen.
Molau vermutet nun, dass hinter dem Komplott der Bundesvize und Hamburger Landeschef Jürgen Rieger steckt. Per Videointerview hatte Rieger offen über den "Achteljuden" Molau gezetert. Die Parteibasis würde keinen zum Bundesvorsitzenden wählen, "der im Dritten Reich nicht mal hätte Blockwart werden können". Außer Plattitüden und Sprüche "über die Intelligenz von Negern" käme von Rieger nichts, entgegnete wiederum Molau. Rieger unterstützt den amtierenden Vorsitzenden Voigt. Beiden wird parteiintern eine Mitverantwortung für die Spendenskandale der jüngeren Zeit zugeschrieben. In seiner Rücktrittserklärung sagte Molau, NPD-Mitglieder versuchten derzeit massiv, die Partei "auszuplündern".
Und in der Tat: Die NPD steht womöglich vor dem finanziellen Ruin. Nach einer Selbstanzeige aus den eigenen Reihen drohen der rechtsextremen Partei weitere hohe Rückforderungen der Bundestagsverwaltungen. Eine Parlamentssprecherin bestätigte am Donnerstag den Eingang eines entsprechenden Schreibens. Der Inhalt werde derzeit geprüft. In der Anzeige ist die Rede von Spendengeldern in Höhe von rund 1 Million Euro, die nicht mehr "auffindbar" seien.
Wegen falscher Spendenbescheide musste die Partei bereits 2007 rund 870.000 Euro an den Bundestag zurückzahlen. Im September vergangenen Jahres war der langjährige NPD-Bundesschatzmeister Erwin Kemma wegen Untreue zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Kemna wurde vorgeworfen, etwa 800.000 Euro von der NPD über Umwege an seine Privatfirma abgezweigt zu haben.
Wie der Streit über die Finanzskandale und der offene Machtkampf um die Führung auf dem Parteitag am 8. März genau ablaufen wird, dürfte der Öffentlichkeit höchstwahrscheinlich verborgen bleiben. Pastörs Landesverband hat den Antrag gestellt, Journalisten beim Parteitag nicht zuzulassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod