Finanzminister zu Besuch: USA schmusen sich an Indien ran

Finanzminister Timothy Geithner besiegelt mit seinem indischen Amtskollegen eine neue Partnerschaft. Doch die Annäherung bleibt vorsichtig.

Der indische Finanzminister Ranab Mukherjee und US-Finanzminister Geithner. Bild: ap

Timothy Geithner ist zum ersten Mal als US-Finanzminister in Indien. Er stellte dort die Wirtschaftsbeziehungen der USA zu Indien durch ein neues wirtschaftliches Partnerschaftsabkommen formal auf die gleiche Stufe wie mit China.

Doch erst einmal schaute sich Geithner um: Er besuchte eine kleine Bankfiliale in Neu-Delhi, die ihren Kunden trotz ihrer relativen Armut Finanzdienstleistungen anbietet. Vor der Bank traf Geithner einen Straßenhändler, der auf einem Handkarren Bügeldienste leistet und zu den Kunden der Bank zählt. Das faszinierte den Gast aus Amerika: "Indien ist erstaunlich effektiv, wenn es darum geht, Finanzdienstleistungen an Leute heranzutragen, die außerhalb der formalen Ökonomie leben", sagte Geithner. Er erinnerte zugleich daran, dass immer noch 40 Millionen US-Amerikaner kein Bankkonto besäßen - eine Mahnung an die amerikanischen Banken, sich wie ihre indische Konkurrenz mehr um die finanzschwachen Kunden zu kümmern.

Das wäre eine gute Botschaft gewesen. Aber Geithner ging es in Indien nicht in erster Linie um neue Erkenntnisse für die eigenen Banken. Vielmehr wollte er deren Interessen durchsetzen. Also forderte er mehr Marktöffnung von den Indern - vor allem in der Finanzindustrie. Dabei dachte er zum Beispiel an das indische Versicherungswesen, in dem ausländische Direktinvestitionen einen Unternehmensanteil von 26 Prozent bisher nicht überschreiten dürfen. Und an die hohe Zahl indischer Infrastrukturprojekte im Wert von 1 Billion Dollar für die nächsten fünf Jahre, für die amerikanische Banken gerne die Finanzierung organisieren wollen. Aber die indische Regierung lässt das bisher nur sehr begrenzt zu.

Die Verhandlungen über diese Forderungen überließ Geithner einer ganzen Reihe neuer ständiger Arbeitsgruppen beider Länder. Deren Gründung feierte er mit seinem indischen Amtskollegen Pranab Mukherjee als Beginn einer sogenannten "US-indischen wirtschaftlichen und finanziellen Partnerschaft". Die Initiative soll von nun ab für einen ständigen strategischen Dialog zwischen Experten und Beamten in Neu-Delhi und Washington sorgen.

Ähnlich hatte vor wenigen Jahren die Bush-Administration einen erfolgreichen strategischen Wirtschaftsdialog mit China gestartet. Seither kam es trotz viel öffentlichen Streits nicht mehr zu wirtschafts- und finanzpolitischen Zerwürfnissen zwischen Washington und Peking.

Die neue Partnerschaft zwischen Indien und den USA sei "eine bedeutende Plattform", um den Kapital- und Warenfluss zwischen beiden Ländern zu stärken, sagte Mukherjee. Versprechen aber gab es auf beiden Seiten nicht. Indien fürchtet vor allem die von der Obama-Regierung geplante steuerliche Bestrafung von US-Firmen, die Beratungs- und Internetdienste von indischen Unternehmen erledigen lassen. Zudem wünscht sich Neu-Delhi mehr Stimmrechte in Weltbank und Weltwährungsfonds und hofft dabei auf Unterstützung. Insgesamt aber begrüßten die meisten indischen Kommentatoren das Abkommen als Signal der USA, Indien als vollwertigen wirtschaftlichen Partner anzuerkennen.

Wichtiger als Geithners Besuch war den indischen Medien allerdings die zeitgleiche Reise des indischen Außenministers nach Peking. Neu-Delhi und Peking basteln an einem bilateralen Freihandelsabkommen. Peking hat vorweg einen Vierpunkteplan zum Abbau des Handelsungleichgewichts vorgeschlagen. Das ist indische Realität: Mit den USA gibt es einen Überschuss von 12 Milliarden Dollar und wenig Sorgen, mit China ein Defizit von 16 Milliarden Dollar und viel Sorgen.

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