piwik no script img

Finanzkrise in SpanienHilfsgesuch in knappen Worten

Die spanische Regierung fragt erstmals offiziell um Hilfe aus dem Euro-Rettungsfonds an. Deutschland verhindert direkte Hilfen für die Banken.

Luis de Guindos, spanischer Wirtschaftsminister ist „not amused“: Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker würgt ihn „zum Spaß“. Bild: dpa

MADRID taz | Spaniens Finanzminister Luis de Guindos hat seinen Brief abgeschickt: „Ich habe die Ehre, mich im Namen der spanischen Regierung an Sie zu wenden, um förmlich Finanzhilfe für die Rekapitalisierung der spanischen Finanzinstitute, die dies brauchen, zu beantragen“, heißt es in dem nur vier Abschnitte langen Schreiben, das der Minister am Montag an den Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker schickte.

Über den genauen Betrag stand nichts im Schreiben. De Guindos bezieht sich nur auf die Untersuchungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und zweier privater Beraterfirmen, Roland Berger aus Deutschland und Oliver Wyman aus USA, die im Auftrag der spanischen Regierung das Bankensystem untersucht haben.

Während der IWF von einem Finanzbedarf von 40 Milliarden ausgeht, sprechen die beiden Unternehmen von bis zu 62 Milliarden Euro. Beide Beträge liegen weit unter den 100 Milliarden, die von Brüssel für Spanien reserviert wurden.

In den kommenden Wochen, vermutlich bis zur nächsten Eurogruppensitzung am 9. Juli, werden de Guindos und die EU die Bedingungen für den Kredit aushandeln. Spanien hofft auf eine Laufzeit von mindestens 15 Jahren und einen Zinssatz von 3 bis 4 Prozent. Welche Banken und Sparkassen letztendlich unterstützt werden müssen, steht ebenfalls noch nicht fest. Die Detailstudien werden erst für September erwartet.

Rund 30 Prozent der spanischen Geldinstitute leiden unter den toxischen Aktivposten aus der Immobilienkrise. Die drei Großbanken BSCH, BBVA und Caixa sind wohl gesund. Am anderen Ende der Skala befinden sich die vom staatlichen Bankenrettungsfonds (Frob) verwalteten vier Kassen, darunter die hauptstädtische Bankia, die Anfang Mai teilverstaatlicht werden musste. Das viertgrößte Finanzinstitut Spaniens könnte bis zu 19 Milliarden Euro brauchen. 4,5 Milliarden hat der Staat bereits investiert, um einen Crash abzuwenden.

Das Geld der EU fließt an den Rettungsfonds Frob. Deutschland hatte darauf bestanden. Denn nur so sei eine Kontrolle für die bevorstehende Umstrukturierung des Finanzsektors und eine Bürgschaft gegeben. Spanien versuchte in den letzten Wochen eine direkte Hilfe von Brüssel an die Banken durchzusetzen, damit die Hilfsgelder die Staatsverschuldung nicht erhöhen. Überraschend bekam de Guindos Unterstützung von IWF-Chefin Christine Lagarde. Auch sie verlangte eine direkte Bankenhilfe, damit die Kreditwürdigkeit Spaniens nicht noch weiter einbricht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!