Finanzierung: Gängeviertel sucht Genossen
Die Künstler haben eine Genossenschaft gegründet. Nun müssen die Hamburger mitspielen - und die Stadt.
Während sich die Hamburger Politik nach dem Ende der schwarz-grünen Koalition neu sortiert, haben die Künstler im Gängeviertel ihr Projekt eines selbst verwalteten Quartiers mit Wohn-, Arbeits- und Gewerbeflächen einen Schritt voran gebracht. Ab sofort gibt es die "Gängeviertel Genossenschaft", die langfristig die zwölf Gebäude verwalten könnte. Sie soll der Träger werden, der es dem bereits bestehenden Gängeviertel-Verein ermöglicht, das Quartier inhaltlich zu gestalten.
Der Genossenschaft beitreten kann jeder, indem er mindestens einen Genossenschaftsanteil zeichnet. In der Genossenschaftsversammlung hat jedes Mitglied eine Stimme, unabhängig von der Anzahl seiner gezeichneten Anteile. Damit betonen Genossenschaften durch ihre Struktur die Werte Demokratie und Solidarität. Auch die taz gründete im Zuge einer Finanzkrise 1992 eine Verlagsgenossenschaft.
Nach wie vor verhandeln die Gängeviertel-Künstler mit der Stadt, wer am Ende bei der Verwaltung des Quartiers das Sagen hat. Die Künstler streben Selbstverwaltung an, die Stadt möchte als Eigentümerin des Gängeviertels Entscheidungskompetenzen behalten. In diesem Verhandlungsprozess stärken die Künstler ihre Position, wenn sie sich an der Sanierung des Viertels finanziell beteiligen können. Danach wollen die KünstlerInnen mit der Stadt einen Erbpachtvertrag abschließen, für den sie ebenfalls Eigenkapital bräuchten.
Das dafür nötige Geld soll durch die Genossenschaft zusammen kommen. Die Idee sei, dass Hamburger Bürger die Gängeviertel-Pläne realisieren helfen, so wie die Oper und das Schauspielhaus einst aus dem Engagement der Bürger entstand, sagt Till Haupt vom Aufsichtsrat der Genossenschaft.
Die Gründung der Genossenschaft dient zunächst der Projektentwicklung. Wer eintreten möchte, zahlt pro Genossenschaftsanteil 500 Euro auf ein Treuhandkonto, auf dem das Geld voll verzinst und unangetastet verbleibt. Hinzu kommt ein einmaliges "Eintrittsgeld" von 50 Euro für die Verwaltungsarbeit.
Die Besonderheit ist, dass der Beitritt der Einzahler trotz der Zahlungen in diesem Stadium noch nicht vollzogen ist. Vollzogen ist er erst, wenn die Stadt die Genossenschaft tatsächlich zur Verwalterin des Gängeviertels macht. Dann wird aus dem Geld auf dem Treuhandkonto das Eigenkapital der Genossenschaft gebildet, und die Zahler werden Mitglieder der Genossenschaft.
Für den Fall, dass die Genossenschaft ihre Ziele im Gängeviertel nicht erreicht, wird das Geld von dem Treuhandkonto an die Einzahler zurücküberwiesen - abzüglich der 50 Euro, die als Spende bei der Genossenschaft verbleibt.
Zunächst geht es für die Genossenschaft darum, Geldgeber und spätere Mitglieder zu finden. Rund 7.500 Genossenschaftsanteile à 500 Euro müssten gezeichnet werden, damit sich die Pläne für das Gängeviertel verwirklichen lassen. Dann müsste noch die Stadt mitspielen - von der immerhin bekannt ist, dass Geld sie schon immer beeindruckt hat.