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Finanzbedarf der RundfunkanstaltenÖffentlich-Rechtliche haben Schmetterlinge im Bauch

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs feiert 50. Geburtstag und die öffentlich-rechtlichen Sender sind verliebt wie nie zuvor.

Talkshowgast Reiner Haseloff im Dezember 2024 Foto: Thomas Bartilla/Future Images/imago

5 0 Jahre hat die KEF auf dem Buckel, ganz offiziell war schon im Februar Stichtag. Aber nun erst feiert die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten ihren Geburtstag. Was die Queen konnte, können zahlenverliebte Fi­nanz­ex­per­t*in­nen eben auch und so wird zu schönerer Jahreszeit geschwoft.

Was die Verliebtheit der Anstalten in ihre KEF angeht, ist es wie überall ein Auf und Ab. Bis zum Ausbruch der aktuellen Beitragsmalaise war die Beziehung durchaus angespannt. Schließlich strich die KEF die von den Häusern beantragte Kohle schon mal um die Hälfte zusammen.

Oder sie überführte die ein oder andere Anstalt der nicht besonders geschickten Trickserei, was sich dann auch auf der nächsten Rechnung wiederfand. Und sie schrieb in Sonderprüfungen den privaten Produktionstöchtern der Sender ins Stammbuch, viele von ihnen würden nicht marktkonform arbeiten und wären ohne die Anstalten längst pleite.

Zusammenstreichen tut die KEF noch immer, doch die Sender haben den KEF-Direktor gerade schrecklich lieb. Denn Martin Detzel erzählt aktuell allen, die es hören wollen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Gegensatz zum Kaffee in Deutschland seit Jahren immer billiger wird. Und während der zum Kaffee gehörige Keks wie der Rundfunkbeitrag zwar weiter gleich viel kostet, aber in der Packung nur noch 80 statt 100 Gramm drin sind, gibt es dagegen im ÖRR auch noch viel mehr Angebot als früher.

Bei den Me­di­en­po­li­ti­ke­r*in­nen fehlt die Zuneigung

Die Sender haben KEF-Direktor Martin Detzel gerade schrecklich lieb.

Mit der Zuneigung diverser Me­di­en­po­li­ti­ker*in­nen zur KEF ist es hingegen gerade so ’ne Sache ist. Denn die Kommission beharrt auf dem verfassungsrechtlichen Verfahren, nach dem der Beitrag Anfang 2025 ein wenig steigen sollte. Die Lan­des­po­li­ti­ke­r*in­nen aber, allen voran Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU), beharren weiter auf der Schwachsinnsidee, die AfD lasse sich mit dem Gejammere über den Rundfunkbeitrag klein halten. Hat er das etwa aus dem Westfernsehen?

Der Beweis des Gegenteils ist längs erbracht, und dieser „Beitragspopulismus“ nicht nur von rechts hat der Legitimation des ÖRR schon etliche Bahnen Teppich unter den Füßen weggezogen. Doch Haseloff predigt seine garantiert KI-freie Halluzination munter weiter, von der Berliner Zeitung bis zur Welt und zurück.

Jetzt ist der MDR-Redaktionsrat mit milder Verspätung aufgewacht und hat mal erklärt, was er von Haseloffs Hassliebe zum ÖRR hält. Nichts, natürlich. Endlich traut sich mal wer zu sagen, dass diese Debatte nur der AfD in die Hände spielt. Na bitte, der ÖRR kann sich also wehren, er muss es eben nur wollen. „Aber wollen, müsste er viel mehr, wenn es mit der Liebe klappen soll!“, sagt die Mitbewohnerin. „Damit sie nicht vor dem Bundesverfassungs-‚Scheidungsgericht‘ landen und die KEF fröhlich mit allen am Tisch feiern kann.“

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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