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Finale der Champions LeagueTriumph für Katar

Paris Saint Germain gewinnt nach einem furiosen Auftritt den wichtigsten Titel im Klubfußball. Es war ein Horrorabend für Fußballromantiker.

Bussi, bussi: PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi mit den Lippen am Pott

München taz | Es ist nun also vollbracht. Paris Saint-Germain hat zum ersten Mal in seiner Klubgeschichte die Champions League gewonnen. Und wie! Mit 5:0 fegte das Team Inter Mailand vom Platz. So etwas hat der Wettbewerb noch nicht gesehen. Mit einer fast schon gespenstischen Passsicherheit, einem Pressing, das der völlig überforderten Mannschaft aus Italien die Luft genommen hat, mit zauberhaften Aktionen und einem perfekten Matchplan eroberte PSG am Samstagabend in München den weltweit begehrtesten Pokal im Klubfußball.

Ach, wenn man doch nur einfach jubeln könnte über diesen wahrhaft vollkommenen Auftritt einer von Trainer Luis Enrique herausragend eingestellten Fußballmannschaft an einem warmen Frühlingsabend! Doch da ist noch etwas: die Sache mit Katar.

Der Pariser Klub ist im Besitz des Emirats. Bis zu zwei Milliarden Euro, so schätzt man, sind seit der Übernahme der Mehrheit am Klub im Jahr 2011, in Transfers und Spielergehälter geflossen. Den besten Spielern der Welt wurde über die Jahre irrwitzig viel Geld hinterhergeworfen.

Als 2017 der Brasilianer Neymar auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft für 222 Millionen Euro aus Barcelona losgeeist wurde, war längst klar, dass man bei PSG nicht darauf achten muss, dass Einnahmen und Ausgaben in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Katar wollte den Sieg in der Champions League und war bereit beinahe jeden Preis dafür zu zahlen.

Teure Jugend

Nun hat das ausgerechnet nach einer Saison geklappt, in der keiner der großen Weltstars des Fußballs bei PSG spielt. Held des Abends war Désiré Doué. Zwei Tore hat er geschossen, ein weiteres vorbereitet. 19 Jahre als ist der Bursche, der nach dem Spiel beim Feiern so cool geblieben ist, als wäre es das normalste der Welt, eine der besten Abwehrreihe, die es im Fußball gibt, auseinanderzunehmen.

„Mir fehlen die Worte. Das ist unglaublich, einfach unglaublich“, sagte er nach dem Spiel, ohne die Miene zu verziehen. Hatte er sein Lächeln verkauft? An Nasser Al-Khelaifi vielleicht, den Klubpräsidenten und Statthalter Katars im europäischen Fußball? Wundern würde das niemanden. Der hat vor der Saison satte 50 Millionen Euro in die Hand genommen, um den jungen Mann von Stade Rennes loszueisen. Die zahlreichen Interessenten aus anderen Klubs konnten da nicht mitbieten.

So ist es mit vielen jener jungen Spieler, die an diesem Abend das Publikum begeistert haben. 20 Jahre alt war Bradley Barcola, der kurz vor dem Ende des Spiels mit einem Dribbling im gegnerischen Strafraum für einen der schönsten Momente des Finales gesorgt hat, als ihm Al-Khelaifi für 45 Millionen Euro von Olympique Lyon gekauft hat.

Immerhin kommt der 19-Jährige Semmy Mayulu, der sich so schön gefreut hat, nachdem er kurz vor Ende der Partie das 5:0 erzielt hatte, aus der eigenen Jugend. Für ein kitischige Geschichte eines französischen Klubs, der sich aus den Niederungen der heimischen Liga zum besten Klub Europas entwickelt, reicht das aber gewiss nicht. Und nur allzu gerne würde man das Hohelied auf den fehlerfreien Verteidiger Pacho anstimmen, der als erster Spieler aus Ecuador die Champions League gewonnen hat. Doch zu seiner Geschichte gehört auch der Transfer für mindestens 40 Millionen Euro von Eintracht Frankfurt. Dass ein sinnvoll wirtschaftender deutscher Spitzenclub derartig begabte Spieler nicht halten kann, daran hat man sich längst gewöhnt.

Brutaler Geschäftsmann

Al-Khelaifi wird es egal sein. Auch wenn es gar herzig ausgesehen hat, wie er nach dem Finale seine Spieler abgebusselt hat, weiß die Fußballwelt längst, welch brutaler Geschäftsmann er ist. Gnadenlos nutzt er seine Doppelrolle als Klubpräsident und Vorstandschef des mächtigen katarischen Medienunternehmens beIN Sports bei Verhandlungen über Sportrechte. Man hat sich in Paris und Europa an ihn gewöhnt. Da sitzt nun katarischer Milliardär in den wichtigsten Gremien.

Er ist Chef der europäischen Klubvereinigung ECA und damit Mitglied in der Exekutive der Europäischen Fußballunion Uefa. Dass die Regeln des Financial Fairplay, die sich die Uefa gegeben hat und mit denen eigentlich sichergestellt werden solle, dass die Klubs nicht mehr ausgeben als sie am Markt erwirtschaften können, für einen wie ihn nicht gilt, auch daran hat man sich gewöhnt. Jetzt hat er also Frankreich den großen Triumph in der Champions League gekauft. Was er erwartet? Liebe? Die Kritik an ihm habe ihn sehr getroffen, sagte er nach dem Spiel dem Sender CBS. Dann schaute er zu den jubelnden Fans und sagte: „Heute haben wir das wahre Frankreich gesehen.“

In der Tat lieferten die Anhänger von PSG einen bemerkenswerten Auftritt ab. Ihre Pyroshow nach jedem Tor war ebenso beeindruckend wie ihr lautstarker Dauergesang. Und am Ende mitten im großen Jubel erinnerten sie mit einem Transparent an die Tochter von Trainer Luis Enrique, die 2019 an Knochenkrebs verstorben ist. „Sie ist immer bei mir“, sagte der Trainer nach dem Spiel. Das war wirklich ein berührender Moment. Ganz ohne Katar.

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4 Kommentare

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  • Al-Khelaifi: „Heute haben wir das wahre Frankreich gesehen.“

    Der redet ja genau so wie Macron, der sich den Sieg von PSG flugs für die Zwecke nationalistischer Propaganda angeeignet hat.

    Dabei haben die Faaans der Fußball-Champions-League gestern abend weder das "wahre Katar" noch das "wahre Frankreich" gesehen, sondern einfach nur die wahren Fähigkeiten gut ausgebildeter und mithilfe großer Summen von Geld in einem Team konzentrierter Kicker, welche taktisch bestens auf das gegnerische Team eingestellt waren.

    Wer als Verein mit seinem Profiteam heute an der europäischen und damit Welt-Spitze stehen will, der braucht offensichtlich nicht nur Millionen, sondern Millarden Euros, die ihm von reichen Scheichs, reichen Industriellen oder reichen Staaten zugesteckt werden. Üppige Fernsehgelder oder gar gute Nachwuchsarbeit allein reichen da schon lange nicht mehr aus. Siehe die Top-Teams der anderen großen europäischen Ligen, allen voran England und dann auch Spanien, Deutschland und eben Frankreich.

    Insofern relativiert sich die Unterstützung von Katar schon wieder etwas.

    Der Fußball ist und bleibt eben ein Spiegelbild der internationalen gesellschaftlichen Verhältnisse.

  • Katar ist das eine, Saudi-Arabien ist bei anderen Vereinen involviert, Rheinmetall beim BvB, die Bayern bei Visit Ruanda. Wer ist denn da wirklich sauber. Die Fußballromantiker müssen sich zwangsläufig vom Spitzenfußball abwenden, es ist zu viel Geld im Spiel, man fragt auch nicht mehr woher es kommt oder probt sich wie die Bayern in Scheinheiligkeit.



    Entweder man genießt den wirklich schönen Spitzenfußball und fragt nicht oder man lässt es bleiben. Beide Seiten kann man vertreten.

  • Wenn der Eigentümer eines professionellen Fußballclubs das Problem ist, dass die Begeisterung für eine Spitzenleistung in einem Wettkampfsport mindert, dann braucht man sich auch nicht mehr darüber zu wundern, dass viele sogenannte linke (oder sozial empathische) Menschen, den liberalen Sozialdarwinismus von Selbstverwirklichung, Marktwirtschaft und Wahldemokratie für die Erfüllung ihrer Träume von Demokratie und soziale Gerechtigkeit halten. Wer so tief und emotional im konventionellen Denken steckt, kann auch intellektuell keine Utopie von einer anderen Gesellschaft mehr denken: Er/Sie läuft nur nocht mit.

  • Zuletzt ist ja die Tischtennispräsidentin in die schwedische Botschft in Katar geflüchtet. Kann man sich fragen, von wem man sich sponsorn lässt und was man bejubelt. Gar noch ein Trikot kauft. Der DTB-Präsident war überrascht.