Fimfestspiele von Cannes: Mütter und Mörder
Cannes 10: Hirokazu Koreeda erzählt anrührend von koreanischen Kinderhändlern. Kelly Reichardt langweilt dagegen mit US-Künstlerinnen.
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In diesem Jahr haben sich beim Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes einige der Regisseure außerhalb ihres angestammten Produktionslandes bewegt und mit dortigen Schauspielern gearbeitet. Neben dem belgischen Duo Felix Van Groeningen und Charlotte Vandermeersch, die für „Le otto montagne“ in Italien gedreht haben, gilt dies insbesondere für den Japaner Hirokazu Koreeda, dessen „Broker“ in Südkorea spielt.
Koreeda, der vor drei Jahren mit „Shoplifters“, einem Drama über eine Patchworkfamilie der besonderen Art, in Cannes die Goldene Palme gewonnen hatte, geht sein großes Thema, Familien und deren Hindernisse, erneut aus einem ungewohnten Winkel an: dem Kinderhandel. Eine junge Mutter, So-young (Lee Ji-eun), legt ihr Kind an einer Babyklappe ab und verschwindet. Sie wird dabei von der Polizei beobachtet. Denn die Kirche, zu der die Klappe gehört, arbeitet mit Kinderhändlern zusammen, die einige der anonym zurückgelassenen Kinder an kinderlose Paare verkaufen.
So-young hat zwar keine Telefonnummer hinterlassen, doch sie selbst kehrt zur Kirche zurück. Als sie ihr Kind dort nicht mehr vorfindet, wird sie aufgesucht von den beiden Kinderhändlern, Sang-hyeon (Song Kang-ho) und Dong soo (Gang Dong-won), die sie über ihr Vorhaben aufklären und sogar ein moralisches Motiv nennen: Liebende Adoptiveltern seien allemal besser als ein Waisenhaus. Fortan begleitet So-young sie auf ihren Fahrten zu den „Kunden“.
Das Roadmovie, das Koreeda aus diesem Stoff macht, entwickelt sich zu einer gemeinsamen Fahrt als Einübung ins Familienleben. Die Figuren, stellt sich heraus, sind alle auf ihre Weise verhinderte Familienmenschen, die sich zu einer Ersatzgemeinschaft zusammenfinden. Zugleich ist die Polizei ihnen ständig auf den Fersen.
Koreeda gelingt es auch in „Broker“, so von sehr menschlichen Bedürfnissen zu erzählen, dass man ergriffen ist, ohne sich in erster Linie manipuliert zu fühlen. Der Gefahr des Kitsches weicht er ebenfalls aus mit Kniffen, die den Figuren einerseits Kanten gestatten und sie andererseits nicht allzu viel des erhofften Glücks erlangen lassen. Kein Kandidat auf einen großen Sieg, aber ein hervorragend erzählter Film, in dem übrigens auch das Wort „Schweinshaxe“ – auf Deutsch – vorkommt.
Eine komplizierte Familie
Familie spielt ebenso in Kelly Reichardts Wettbewerbsbeitrag „Showing Up“ eine, wenngleich nicht die größte Rolle. Die Künstlerin Lizzy (Michelle Williams) führt darin an der Nordwestküste der USA mit verkrampfter Körperhaltung und unvorteilhafter Frisur ein frustriertes Künstlerinnenleben.
Ihre Vermieterin, die Kollegin Jo (Hong Chau), kümmert sich nicht um den defekten Wasserboiler, professionell steht Lizzie zudem im Schatten von Jo. Und da ist Lizzies komplizierte Familie. Das dann ereignisarm zwei Stunden lang. Ein sprödes Vergnügen.
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