Filmverbot bei Polizeieinsätzen: Ohne Bilder keine Anklage

In Frankreich sollen Bilder von Polizeigewalt auf den Index gesetzt werden. Das driftet ab in eine Sicherheitspolitik, wie sie autoritäre Regime praktizieren.

Macron mit einem Nasen-Mund-Schutz

Gibt sich gerne volksnah: der französische Präsident Macron bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung Foto: afp

Noch in der Debatte am Wochenende hatte die Regierungspartei eine letzte Gelegenheit, das in einem neuen Sicherheitsgesetz vorgesehene Verbot, „mit offensichtlich schädigender Absicht“ Videos von Polizisten in Aktion zu veröffentlichen, die eine Identifizierung der Beamten zulassen, zu kippen.

Die Mahnungen von Bürgerrechtsorganisationen und Proteste der Gewerkschaften der direkt betroffenen Journa­lis­t:in­nen und der Medienredaktionen blieben ungehört. Noch am Samstag haben Tausende in Paris und zahlreichen Städten trotz Versammlungsverbot demonstriert. Dass heute ein Innenminister den demoralisierenden Kontext der coronabedingten Restriktionen nutzt, um einen solchen Rückschritt für die Demokratie im Gesetz zu verankern, ist geradezu niederträchtig.

Dieser für seinen skrupellosen Ehrgeiz bereits bekannte Minister, Gérald Darmanin, hatte den Polizeigewerkschaften das Versprechen gegeben, dass künftig keine für sie kompromittierenden Bilder mehr in den Netzwerken zirkulieren. In Wirklichkeit will er noch weitergehen, wie er freimütig gestand: Bei Reportagen über eventuell gewaltsame Konfrontationen sollten sich die Medien bei den Behörden akkreditieren, schlug Darmanin vor, der so von einem „Embedded“-Journalismus bei Demos träumt. Das steht nicht im Gesetz, und die Regierung beteuert, an professionelle Journalisten sei bei dem Filmverbot nicht direkt gedacht.

Dass Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung, vor allem aber auch deren Parlamentsmehrheit im Verein mit der konservativen Rechten Darmanin gewähren lässt, zeugt von einem äußerst beunruhigenden Abdriften in eine Sicherheitspolitik, die einem autoritären Regime wie in Ungarn oder Russland eher anstehen würde als der „Wiege der Menschenrechte“, wie sich Frankreich gern nennt. Nach der für Dienstag erwarteten Verabschiedung der Vorlage bleibt die Hoffnung, dass das Verfassungsgericht wegen der entstehenden Rechtsunsicherheit das Gesetz mit seinem Rotstift korrigiert.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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