Filmempfehlungen für Berlin: Hemmungsloser Unsinn
Diese Woche: 10 Jahre Amerikafilm, eine Robbe-Grillet-Interpretation von Alain Resnais und ein Animationskracher, der die Sprache der 70er spricht.
D as zehnjährige Jubiläum der Berliner Produktionsfirma Amerikafilm feiert das Wolf Kino mit einer Werkschau. Gespielt werden unter anderem ein Kurzfilmprogramm, dazu verschiedene Filme, die bislang nur im Kontext von Festivals oder Kunstausstellungen zu sehen waren, und eine Reihe durchaus bekannter Langfilme: die böse Satire auf den Universitätsbetrieb „Weitermachen Sanssouci“ von Regisseur Max Linz, der in „Ich will mich nicht künstlich aufregen“ auch die seltsamen Verquickungen von Kulturbetrieb und Politik aufs Korn nimmt, sowie „Golden Twenties“, eine Studie von Sophie Kluge über die Orientierungslosigkeit einer Generation von jungen Erwachsenen. Die Vorführungen werden von kurzen Einführungen begleitet (10 Jahre Amerikafilm: Jubiläumsprogramm, 4. 8.-6. 8., Wolf Kino).
Der Name von Alain Robbe-Grillet ist vor allem mit dem Nouveau Roman verknüpft, einer literarischen Strömung im Frankreich der 1950er Jahre, als sich eine Reihe von Schriftsteller:innen vom traditionellen realistischen Roman zugunsten experimentellerer Formen abwandten. Eine erste gelungene filmische Umsetzung von Robbe-Grillets Konzept der Aufgabe des Raum-Zeit-Kontinuums zugunsten eines Geflechts aus Träumen, Erinnerungen und erotischen Obsessionen war sein Drehbuch zu „Letztes Jahr in Marienbad“ (1961) von Regisseur Alain Resnais.
Während sich die Ästhetik des Films mit ihren gleitenden Kamerafahrten zweifellos auf Resnais zurückführen lässt, stammt die „Geschichte“ um einen Mann, der eine Frau davon zu überzeugen sucht, dass sie sich bereits im vorigen Jahr in einem mondänen Kurort kennengelernt haben, von Robbe-Grillet: beständige Wiederholungen und Variationen von kleinen Erzählfragmenten jenseits herkömmlicher Narration. „Letztes Jahr in Marienbad“ zeigt das Kino Arsenal in seiner Magical History Tour unter dem Motto „Mind the Gap“ (6. August, 18 Uhr, Kino Arsenal).
Die Siebziger animiert
Es ist ja eher selten, dass das Sequel eines Spin-Off-Prequels deutlich besser ist als die Vorgänger-Filme, doch mit genau diesem Kunststück warteten die Regisseure Kyle Balda, Brad Ableson, Jonathan del Val im vergangenen Jahr mit dem Animationsfilm „Мinions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss“ auf. Gru, hier als zwölfjähriges Kind ein Superschurke in Ausbildung, und seine kleinen gelben Helfer landen in einer Auseinandersetzung, die das Konzept der „Мinions“-Filme perfekt bedient: wenig zusammenhängende Handlung, dafür viele Verfolgungsjagden und Gags in schneller Folge– und die meisten von ihnen zünden prima.
Vor allem aber kannte sich hier jemand mit popkulturellen Verweisen auf die 1970er Jahre richtig gut aus: weiße Schlaghosen, gewaltige Afrofrisuren, Kung-Fu-Training, Chopper-Motorräder und ihr Äquivalent, das berühmte Bonanza-Fahrrad, feiern fröhliche Urständ. Dazu läuft ein Soundtrack von Disco bis Punkrock, und zwischendrin Linda Ronstadt mit „You're No Good“, was die anwesenden Schurken natürlich als ihre Hymne begreifen. Sofern man ein Verlangen nach hemmungslosem Unsinn verspürt, kann man sich hier prächtig amüsieren (8. August, 10 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
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