Filmemacherin Agnès Varda: Verspielt, schalkhaft, einfallsreich
Unter den Regisseuren, die einst die Nouvelle Vague begründeten, war sie die einzige Frau: Agnès Varda. In Cannes wird sie für ihr Lebenswerk geehrt.
Wenn Agnès Varda am 24. Mai beim Filmfestival von Cannes eine Ehrenpalme für ihr Lebenswerk entgegennimmt, dann ist das auch ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk. Am 30. Mai nämlich wird die Pariser Filmemacherin 87 Jahre alt. Grund zum Feiern hat sie reichlich, blickt sie doch auf ein erfülltes Leben und ein herausragendes Werk zurück.
Unter den Regisseuren, die einst in Paris die Nouvelle Vague begründeten, war sie die einzige Frau. Ihr erster Spielfilm enstand 1954, „La pointe courte“, die Heldin versucht, das Begehren nach Autonomie und Selbstbestimmung mit der Liebe zu einem Mann zu vereinen.
1962 hat Varda einen ersten großen Erfolg mit „Cléo von fünf bis sieben“, auch dies das Porträt einer Frau – eine Linie, die sich durch ihr Werk zieht, etwa durch den großartigen Spielfilm „Vogelfrei“ aus dem Jahr 1985, in der die junge Sandrine Bonnaire eine Landstreicherin spielt, die während der Weinernte in Südfrankreich unterwegs ist, sich immer mehr isoliert, immer weniger Halt findet und eines Tages in einem Straßengraben erfriert. Trotz des traurigen Endes ist der Film eine Hymne an den Aufbruch, die Freiheit und das Sich-Nicht-Bescheiden.
Auch das dokumentarische Arbeiten gehört zu Vardas Repertoire. Als sie in den späten sechziger Jahren mit ihrem Eheman, dem Regisseur Jacques Demy, in Los Angeles lebte, drehte sie „Black Panther“ über die radikalen afroamerikanischen Aktivisten (1968) und ein Jahr später „Lion's Love“ über die Sub- und Gegenkulturen Kalifornien.
Ihr Zugang ist dabei stets verspielt, einfallsreich, schalkhaft. Varda ist offen für eine Vielfalt von Formen und Mischverhältnissen aus Dokumentarischem und Fiktivem. „Die Sammler und die Sammlerin“ (2000) etwa ist ein Essay über den Umgang mit Vorgefundenem, Übriggebliebenem und en passant eine Liebeserklärung an ihre eigenen Hände: Die eine Hand hält die Digitalkamera, die die andere Hand ragt ins Bild hinein.
Im taz-Interview sagte Varda seinerzeit: „Es ist nämlich ziemlich toll, zwei Hände zu haben, die das können. Es ist fast ein Statement. Ich bin gleichzeitig Subjekt und Objekt. Das gibt mir die Überlegenheit dessen, der die Kamera hält, und die untergeordnete Position dessen, der gefilmt wird. Ich mag diesen Doppelstatus. Mit Koketterie hat das nichts zu tun. Kokett bin ich, weil ich mir die Haare färbe. Für diesen Film habe ich sie mir extra wachsen lassen, um zumindest einen grauen Scheitel zu haben.“
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