piwik no script img

Filmbranche verliert an SogwirkungNicht alle haben was vom Glanz

Wie sind die Arbeitsbedingungen von Film- und Fernsehschaffenden in Berlin? Das zeigt ein Gutachten. Und auch, warum die Branche Nachwuchsprobleme hat

Kinokarten sind recht teuer – doch davon haben viele aus der Filmbranche nichts Foto: dpa/Fabian Sommer

Berlin taz | Die Berliner Senatskanzlei hat am Mittwoch ein Gutachten zu den Arbeitsbedingungen von Film- und Fernsehschaffenden in Berlin-Brandenburg veröffentlicht. Aus diesem Gutachten, beauftragt vom Forschungsinstitut Langer Media research & consulting, geht hervor: In der Branche wird ganz gut verdient. Das Bruttojahreseinkommen von 54.498 Euro liegt weit über dem des bundesdeutschen Durchschnittseinkommens. Trotzdem kommt es in der Branche zu Nachwuchsproblemen. Das liegt zum einen daran, dass die Gehälter ungleich verteilt sind – und zum anderen halten viele ihren Beruf für unvereinbar mit familiären Pflichten und erleben zudem oft Diskriminierung.

Zuerst zu den Gehältern: Im Vergleich mit vielen Menschen, beispielsweise freien Dar­stel­le­r*in­nen an Theaterbühnen, verdienen die Film- und Fernsehschaffenden deutlich und teils sehr viel mehr. Dennoch geben in der Studie 52 Prozent der 6.201 Befragten an, dass sie ihren Lebensunterhalt mit dem Einkommen aus ihrer Haupttätigkeit nicht bestreiten können. 25 Prozent der Befragten führen weitere Tätigkeiten innerhalb der Branche, 21 Prozent außerhalb der Branche aus. 19 Prozent der Befragten bekommen staatliche Hilfe, 15 Prozent werden von der Familie unterstützt.

Hinzu kommt der Gender Pay Gap: Frauen verdienen im Schnitt bei Film und Fernsehen 35 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen – sie sind also fast doppelt so abgehängt wie der bundesdeutsche Durchschnitt der Arbeitnehmerinnen, die 18 Prozent weniger verdienen als die Männer.

Nicht familienfreundlich

Ungleiche Bezahlung scheint dabei gar nicht das größte Problem zu sein, warum die eigentlich begehrte Branche laut Gutachten schon jetzt Probleme habe, Nachwuchs zu finden. Vielmehr stört fehlende Planungssicherheit: 91 Prozent der Film- und Fernsehschaffenden sind unregelmäßig beschäftigt oder selbstständig tätig. Daher sind 79 Prozent der Meinung, dass Beruf und Familie schwer oder nicht zu vereinbaren sind. Nur 41 Prozent sind mit ihren Arbeits- und Lebensbedingungen zufrieden.

Männlich dominierte Hie­rarchien, die sich auch im Gender Pay Gap ausdrücken, mögen mit zu den Gründen gehören, warum die Befragten überdurchschnittlich oft angeben, sexuell belästigt worden oder aufgrund ihres Alters, ihrer Religion, Hautfarbe oder der sexuellen Orientierung benachteiligt worden zu sein. 63 Prozent haben Diskriminierungen beobachtet, 46 Prozent haben sie erlebt. Diskriminierung sei ein strukturelles Problem der Filmbranche, schlussfolgert die Studie.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Also das Hauptproblem ist doch neben dem Lohn und der familiären Vereinbarkeit, dass sich das Berufsbild innerhalb der letzten 5 Jahre für Schauspielerinnen massiv gewandelt hat.



    Früher mussten Kolleginnen schon fast jeden Dreck spielen, wenn sie Rollen haben wollten.

    Heute ist für uns als junge Schauspielerinnen das Rollenmaterial oft einfach nur noch unterirdisch sexistisch.



    Es gibt zu viele Schauspielerinnen am Markt, dadurch können Filmproduktionen machen was sie wollen.



    Entblößt man sich als Frau nicht, ist man draußen.



    Das war früher, in eher männlichen Teams schon schlimm, aber jetzt ist es schlimmer.



    Regisseurinnen, die um jeden Preis erfolgreich sein wollen, wirken am Set absolut toxisch auf Schauspielerinnen ein, immer mit einem Lächeln und ganz freundlich.



    Und natürlich ist der Dreh von Sexszenen in ganz sicherer Atmosphäre, ist ja alles gar nicht schlimm, sieht ja keiner.



    Doch, wenn es schlimm kommt, Millionen von Zuschauern!



    Regisseurinnen wollen um des eigenen Erfolgs willen am liebsten lauter Krasavices.



    Die sich für nichts zu schade sind.



    Da ist die schlechte Bezahlung fast das kleinste Übel.

  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    "Im Vergleich mit vielen Menschen, beispielsweise freien Dar­stel­le­r*in­nen an Theaterbühnen, verdienen die Film- und Fernsehschaffenden deutlich und teils sehr viel mehr." Dann noch die Gender Debatte.

    Es ist ein Fakt, dass die Löhne und Gehälter in Deutschland völlig ungerecht verteilt sind. Extrembeispiel sind die Banker, die Mio am Jahresende nach Hause schleppen.



    Der freie Markt? Wie wäre es mit einem "gerechten Markt" oder einem "leistungsgerechten Markt"?



    Die FDP steht für die Freiheit von Unternehmern. Das Fußvolk kann die Brosamen aufsammeln.

    Was wirklich erbärmlich ist, ist die Behandlung der Pflegekräfte! Viel versprochen, kaum etwas gehalten.