Film über Arbeitsmigranten: Getrennte Gesellschaften

Für Menschen ohne Papiere ist Deutschland trist. Der TV-Film „Der Albaner“ erzählt eine solche Geschichte eindringlich und ohne Ästhetisierung.

Für seine Liebe verlässt Arben Albanien und geht zum Arbeiten nach Deutschland. Bild: Promo

Zwei Monate Trennung. Wie sie das Wiedersehen leidenschaftlich zelebrieren, mit Umarmungen und Küssen, ohne Worte. Die Liebe so körperlich und unschuldig wie die Landschaft urwüchsig und zivilisationsfern. In dem hier gezeigten Albanien gibt es nicht einmal Mobiltelefone. Es ist ein auf durchaus stereotype Weise archaisches Land.

Es ist nicht alles gut für die Liebenden, Arben (Nik Xhelilaj) und Etleva (Xhejlane Terbunja) „Beni, es ist etwas passiert“, sagt sie. „Mein Vater hat doch Schulden. Für den Laster hat er Geld geliehen. Ich soll einen anderen Mann heiraten. Ein Bekannter von meinem Onkel. Er lebt in Amerika.“

Aber Etleva ist bereits schwanger. Etlevas Familie verlangt 10.000 Euro für sie. Arben sucht Rat bei seiner Familie: „Arben, du bist doch nicht dumm. Such dir eine anständige Frau. Sie hat sich ohne Hochzeit von dir ficken lassen. Eine läufige Hündin.“

Etleva fleht Arben an: „Lass uns abhauen. Irgendwohin, wo sie uns nicht finden.“ Arben will das nicht: „Ich gehe nach Deutschland. Ich such mir Arbeit dort. In ein paar Monaten bin ich zurück.“

Aber es ist nicht so einfach in Deutschland, wenn man keine Papiere hat und keine Sprachkenntnisse. Wenn man mit Kloputzen 3 Euro die Stunde verdient, wie lange muss man arbeiten, um 10.000 Euro zu sparen? Wie lange dauert eine Schwangerschaft? Berlin kann ein so trostloser Ort sein.

Es gibt sie noch, die Filme, die reinhauen.

Realismus mit einigen surrealen Sequenzen

2010 hat Regisseur und Autor Johannes Naber dieses Spielfilmdebüt fertiggestellt, zehn Jahre nach seinen ersten Recherchen vor Ort in Albanien. Und hat dafür prompt den Max-Ophüls-Preis und eine Reihe weiterer Auszeichnungen bekommen. Aktuell arbeitet er an seinem zweiten Langfilm mit Katharina Schüttler und Devid Striesow, sie spielen Business Consultants, eine andere Welt.

Das Berlin des „Albaners“ lässt an „Metropolis“ denken, an die beiden dort gezeigten, streng voneinander getrennten Gesellschaften. Die ausgebeutete Unterschicht besteht bei Naber aus Arbeitsmigranten. Doch der Vergleich mit dem expressionistischen Großkunstwerk führt etwas in die Irre. Ästhetisierung, Stilisierung gibt es bei Naber nicht. Er hat Dokumentarfilmregie studiert, seine Filmsprache ist konsequent realistisch.

Das unterscheidet den „Albaner“ von einem anderen Film, der die Passionsgeschichte junger Menschen aus dem armen Osten im vermeintlich anständigen Westen erzählt: Lukas Moodyssons Film „Lilja 4-ever“ etwa, über eine jugendliche Zwangsprostituierte, die mit falschen Versprechungen nach Schweden gelockte wird und am Ende ihre Freiheit im Suizid sucht, ist radikal destruktiv.

Doch Moodysson bricht und poetisiert den quasidokumentarischen Realismus mit einigen surrealen Sequenzen. So etwas gibt es bei Naber nicht. Doch seine Sicht ist auch nicht so deterministisch wie die von Moodysson: Arbens ebenfalls illegaler Freund Slatko (Ivan Shvedoff) droht an einer Lungenentzündung zu sterben, doch er erfährt das Mitleid eines Apothekers und die Liebe einer jungen Deutschen.

Arben muss am Ende, um an das Geld für den Brautpreis zu kommen, einen hohen Preis bezahlen. Etlevas Warten auf ihn ist die andere Hölle, von der er nichts weiß. Eine unschuldige Liebe kann es für die beiden nicht mehr geben.

Der Film läuft am Donnerstag um 22.45 Uhr in der ARD.

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