Fifa-Skandal bei der Frauen-WM: Krise? Was für eine Krise?

Die Fifa lässt sich bei der WM von Funktionärinnen aus Burundi und den Turks- und Caicos-Inseln vertreten. Auch der DFB duckt sich lieber weg.

Ausflugsbus im Wasser

Das DFB-Team ist auch in der Freizeit auf Tauchstation Foto: dpa

OTTAWA taz | Wie eine uneinnehmbare Festung thront das Château Laurier hoch oben auf dem Parliament Hill. Dort, wo der Rideau-Kanal in den reißenden Fluss Ottawa mündet, imitiert das Hotel im Neorenaissancestil ein Schloss aus hellem Kalkstein. Hinter den wuchtigen Mauern und unter dem steilen Dach des edlen Hotels im Regierungsviertel Ottawas sind die Teams der Gruppe B untergebracht, als müsste man sie vor Feinden schützen.

Gebaut zwischen 1908 und 1912, war das Hotel zwar Vorbild für einige andere Repräsentanzbauten der Hauptstadt. Es wirkt aber wie ein künstlich aufgeblähter Riese, der sich vom Rest der Stadt isoliert: Die 800.000-Einwohner-Stadt ist außerhalb des Verwaltungsviertels geprägt von schnuckligen kleinen, höchstens zweistöckigen Kolonialhäusern aus dem 19. Jahrhundert.

Die Fifa hätte sich keinen passenderen Ort aussuchen können, um ihr schlechtes Image zu festigen. Denn ein künstlich aufgeblähter und von der Basis der Fußballfans isolierter Riese, das ist der Fußballverband, der jeden Kritiker am liebsten hinter dicke Mauern verbannen würde. In Ottawa ist dieser Riese aber außerhalb des Hotels und des Stadions nicht zu sehen. Er hat sein Turnier in diese Stadt gepflanzt und überlässt es nun sich selbst. Man hat ein paar Fähnchen aufgehängt, die Straße zum Stadion „Greater Goal Way“ beziehungsweise „Allé du grand but“ genannt, die Spielerinnen eingebunkert. Das war’s. Stören tut das niemand.

Aber es fühlt sich auch niemand angesprochen. Wer nicht Fernsehen schaut, kriegt von der laufenden WM in Ottawa so gut wie nichts mit. Keine Feste, kein Public Viewing, kein Rahmenprogramm. Nichts außer den freiwilligen Helfern, Dolmetschern und Pressekonferenzleitern im und um das Lansdowne-Stadion. Und das emsige Fußvolk der Fifa-Mitarbeiter, die allerorten für einen geregelten Ablauf des Turniers sorgen.

Reisepläne von Sepp Blatter

Nach Angaben eines Fifa-Sprechers ist aber auch die Führungsriege da. Mitglieder des Komitees für Frauenfußball und die Fifa-WM seien als Matchbeauftragte an allen sechs Spielstätten während der Spiele im Stadion. Außerdem sei das Präsidium „schon“ durch vier Mitglieder vor Ort vertreten: Vizepräsident David Chung aus Papua-Neuguinea, die Vorsitzende und die Abgeordnete des Komitees für Frauenfußball, Lydia Nsekera aus Burundi und Moya Dodd aus Australien und Präsidiumsmitglied Sonia Bien Aime von den Turks- und Caicos Inseln. Papua-Neuguinea, Burundi, Australien und die Turks- und Caicos-Inseln repräsentieren also den weltgrößten Sportverband. Die „zukünftigen Reisepläne des Fifa-Präsidenten“, so ein Sprecher, werden „zu gegebener Zeit bestätigt“.

Dass Blatter seine Reise zum Eröffnungsspiel abgesagt hat, hatte die deutsche Torfrau Nadine Angerer grinsend mit „Das ist mir egal“ kommentiert und der Fifa noch einen Seitenhieb mitgegeben: Sie glaube nicht, dass sich Dzsenifer Maroszan auf Naturrasen so verletzt hätte, wie es im Training auf Kunstrasen passiert war.

Das ist dann aber auch schon alles, was man vom deutschen Team zum Fifa-Skandal hört. Man geht damit so um wie mit der Debatte um den Kunstrasen: Die WM hat jetzt angefangen, der Kunstrasen ist nun mal da, der Skandal auch. Und damit hat sich’s.

Denkbar ungünstiger Zeitpunkt

Überlegungen wie die der Anwältin Amélia Fouques, Vorstandsmitglied des kanadischen Fußballverbands, die gefordert hatte, Kanada solle ein Beispiel setzen und aus der Fifa austreten, gibt es bei den Deutschen nicht. Fouques, die auf Twitter die Korruption in der Fifa kritisch kommentiert hatte, gab in einem Interview mit dem Deutschlandfunk zu, dass sie „Angst“ habe. Die Fifa hatte sie gebeten, ihre Tweets zu löschen.

Man kann verstehen, dass niemand im laufenden Turnier Lust hat, sich von Kunstrasen oder Korruption das Spiel verderben zu lassen. Einen ungünstigeren Zeitpunkt für den Fifa-Skandal hätte es für den Frauenfußball, kurz vor einer WM, nicht geben können. Andererseits könnte das aber auch eine Chance sein.

Mehr Beachtung als jetzt in Kanada hätten die Repräsentanten des DFB und der anderen Verbände nicht haben können, um als Lobbyisten des Frauenfußballs ihr Interesse an einem transparenten Weltverband offensiv zu vertreten und ihre eigene Stellung zu stärken. Immerhin ließ Silvia Neid auf die Frage, wer Sepp Blatter beerben solle, damit in dem Verband mal ordentlich aufgeräumt wird, wissen: „Eine Frauenhand täte der Fifa gut.“ Sie selbst will aber nicht Fifa-Boss werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.