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Fifa-Offizielle unter KorruptionsverdachtWieder Festnahmen in Zürich

Die Fifa will auf einer Exekutivkomitee-Sitzung ihr großes Reformpaket verabschieden. Das Vorhaben wird von der Polizeiaktion überschattet.

Juan Angel Napout soll – in alter Fifa-Tradition – Bestechungen in Millionenhöhe angenommen haben Foto: ap

Zürich dpa | Sechs Monate nach den spektakulären Festnahmen mehrerer Fußball-Funktionäre hat es erneut eine Polizei-Aktion gegen Fifa-Funktionäre in einem Züricher Luxushotel gegeben. Die Schweizer Justiz bestätigte am Donnerstagmorgen die Festnahme von zwei Offiziellen des Fußball-Weltverbandes.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll es sich um die Vizepräsidenten Juan Angel Napout (Paraguay) und Alfredo Hawit Banegas (Honduras) handeln. Sie seien auf Antrag der US-Justiz in Zürich in Auslieferungshaft genommen worden. Ihnen werde vorgeworfen, Bestechungsgelder in Millionenhöhe angenommen zu haben. Dem Vernehmen nach sind darüber hinaus keine europäischen Funktionäre betroffen.

Die Fifa hatte nach eigenen Angaben „Kenntnis von den Aktionen, die heute vom US-Justizministerium durchgeführt wurden“, wie es in einer schriftlichen Stellungnahme hieß. Die „New York Times“ hatte zuvor von Festnahmen im Züricher Hotel Baur au Lac berichtet. Die Polizei habe das Hotel um 6.00 Uhr am Morgen durch einen Seiteneingang betreten, berichtete die Zeitung am Donnerstag auf ihrer Website.

Nach Augenzeugenberichten wurden um kurz nach 6.00 Uhr mehrere Personen mit einem Kleinbus aus der Tiefgarage des Hotels gefahren. Auch die Polizei in Zürich bestätigte den Einsatz, wollte aber zu möglichen Festnahmen oder Einzelheiten der Aktion keine Informationen gegeben.

Erinnerungen an Festnahmen im Mai

Es seien „im Auftrag des Bundesamtes für Justiz in Bern polizeiliche Maßnahmen in Zürich durchgeführt“ worden, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Bei der Justiz in Bern gab es zunächst keine Mitteilung zum Vorgehen der Zürcher Polizei.

In dem Hotel hatte es bereits am 27. Mai am Rande einer Fifa-Sitzung Durchsuchungen gegeben. Damals nahmen Fahnder der Schweizer Polizei als Amtshelfer der US-Justiz sieben hohe Fußball-Funktionäre wegen Korruptionsverdachts fest – darunter den Blatter-Stellvertreter und –Vertrauten Jeffrey Webb.

Zwei Tage später wurde Joseph Blatter als Fifa-Präsident wiedergewählt, trat jedoch kurz darauf zurück und ist derzeit ebenso suspendiert wie UEFA-Chef Michel Platini. Blatter und Platini sind daher bei der aktuellen Sitzung des Exekutivkomitees nicht dabei.

Das Treffen soll trotz der Festnahmen wie geplant fortgesetzt werden. Am Donnerstagmorgen um kurz nach acht Uhr wurden die verbliebenen Exekutivkomitee-Mitglieder, darunter der deutsche Vertreter Wolfgang Niersbach, in Limousinen von einem Züricher Luxushotel auf den Zürichberg in die Verbandszentrale gefahren.

Auf der Tagesordnung der FIFA-Exekutive steht für Donnerstag unter anderem die Diskussion über den Reformkatalog für den Weltverband.

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2 Kommentare

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  • Ich frage mich, warum dieser Artikel in der Rubrik Sport steht. Was da vor sich geht hat mit Sport nichts zu tun, sondern gehört eher dorthin wo Pistorius (auch ein Sportler) steht. taz-Rubrik Gesellschaft+Alltag.

  • Zürich mit seinen komfortablen Hotelketten scheint für die ausländische Justiz der ideale Ort zu sein, die Zahl der vielen FIFA-Vizepräsidenten mit jeweiligen morgendlichen etwas anderen Serviceleistungen bei angesagten internationalen Sitzungen zu reduzieren. Wenn das so weitergeht, könnte unser tapfere und vermutlich auch wieder genügend Selbstvertrauen getankte ehemalige DFB-Chef und noch heute als amtierender Aufsichtsratsvorsitzender, Wolfgang Niersbach, vielleicht durch diese seltenen Aktionen doch noch bald automatisch zum „Blatter-Nachfolger“ irgendwie nachrücken!

     

    Bekanntlich gehen auch die Aufklärungsversuche der Geschehnisse um das „Sommermärchen 2006“ in unserem Land nur mühsam voran. Als erste Etappe wird nun der Februar 2016 genannt, wenn die vom eigenen Verband eingesetzte und fast benachbarte Kanzlei den erhofften Stimmeneinfang der damals wichtigsten Protagonisten des DFB, die in dieser Angelegenheit mehr oder weniger, wissend oder unwissend sowie schon vergessend mitwirkten, beendet und entsprechend ausgewertet hat.

     

    Danach wären allerdings z.B. die völlig neutralen amerikanischen Behörden – wie erneut gerade in Zürich – an der Reihe, u.a. auch die Geschehnisse um die erfolgten oder nicht erfolgten Geldübermittlungen der anderen Seite, nämlich die, der FIFA, etwas näher zu beleuchten! Nur so kann man danach von einem Abschluss der Untersuchungen sprechen, der dann aber vermutlich noch weit nach hinten zu korrigieren wäre......