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Feuriger ProtestDie Rückkehr der Autoabfackler

Seit dem 1. Mai gibt es in Berlin wieder fast täglich Autobrände, die die Polizei als politisch motiviert einstuft. Anders als früher trifft es nun vielfach Firmenwagen.

Autonome spielen gerne mit dem Feuer Bild: Foto: dpa

In Berlin flackert eine neue Serie von Autobränden auf. Fast täglich kam es zuletzt zu Brandstiftungen an Fahrzeugen, die die Polizei als politisch motiviert einstuft. Allein in der Nacht zu Donnerstag brannten sechs Autos und vier Lastwagen.

In der Parchimer Allee in Britz traf es einen Firmen-Renault des Stromkonzerns Vattenfall. In der Corneliusstraße in Tiergarten brannten ein Porsche und ein BMW, in der Karl-Marx-Allee (Friedrichshain) ebenfalls ein BMW. Nebenstehende Autos wurden beschädigt. Ein konzertierter Anschlag wurde auf eine Druckerei in Hohenschönhausen verübt: Dabei wurden vier auf dem Gelände stehende Lastwagen angezündet. Durch die Hitze zerbarsten 15 Fensterscheiben der Druckerei. Der Staatsschutz ermittelt in allen Fällen.

Seit Jahresbeginn wurden damit 33 politisch motivierte Brandanschläge in Berlin verübt, 56 Fahrzeuge kamen zu Schaden - 38 direkt angegriffen, 27 durch Mitleidenschaft. Über die Hälfte der Anschläge (18) ereignte sich seit dem 1. Mai. Damit ist bereits jetzt fast die Zahl aus dem Vorjahr erreicht: 2010 wurden bei 44 Anschlägen 57 Fahrzeuge direkt attackiert. 2009, dem Hochjahr der Autobrandstiftungen, waren es 145 Anschläge auf 221 Autos.

Auffallend bei der neuen Serie: Offenbar gehen die Politzündler nun gezielter vor. Neben hochpreisigen PKW sind häufiger Fahrzeuge von in der linksautonomen Szene missliebigen Unternehmen betroffen. Bereits in der Nacht zu Mittwoch wurden ein Siemens-Firmenwagen in Treptow und ein Carsharing-Auto der Deutschen Bahn (DB) in Schöneberg angezündet. In einem Bekennerschreiben zu einem Brandanschlag vom März wurde die DB als "Kriegslogistiker und Atomprofiteur" bezeichnet. Auch Autos von Wachschutzunternehmen und einer Alarmanlagenfirma waren zuletzt betroffen. In der vergangenen Woche erwischte es zudem laut einem Bekennerschreiben den Opel eines Neonazis aus Rudow.

Unklar ist, wie der Anschlag auf die Druckerei in Hohenschönhausen einzuordnen ist. Aus Sicherheitskreisen hieß es, dass sich dieser gegen die Ladung der Lastwagen gerichtet haben könnte. "In einem der vier LKW waren Wahlkampfzeitung der SPD, die am Morgen ausgeliefert werden sollten", bestätigt der Geschäftsführer der Druckei. Er gehe aber nicht davon aus, dass dies das Motiv der Täter war.

Im Fall der linksautonomen Zündeleien dürfte das gezieltere Vorgehen Resultat einer jüngsten "Militanzdebatte" sein. Darin wurde kritisiert, dass beliebige Brandstiftungen, die auch Kleinwagen treffen, negativ auf die Szene zurückfielen. "Militante Aktionen sollten sich von selbst vermitteln", heißt es in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift interim. In einem früheren Beitrag wurde beklagt, dass die Autobrände "einen hohen Preis" gehabt hätten. "Es gelang nicht, die dadurch erlangte mediale Aufmerksamkeit mit Inhalt zu füllen." Explizit werden als künftige Ziele Firmenwagen oder "Autos in teuren Wohnvierteln" genannt, um so "die Richtigen" zu treffen.

Bisher wurde ein Brandstifter aus der linken Szene verurteilt, ein 28-Jähriger im März. Andere Verfahren endeten mit Freispruch. Am Dienstag erhielt zudem ein 16-Jähriger eine sechsmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung. Er hatte im Oktober 2010 einen Audi im Prenzlauer Berg angezündet. Laut einem Gerichtssprecher stand der Gymnasiast der linken Szene nah.

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21 Kommentare

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  • F
    Farckenholdt

    @ blablabla & Co.

     

    Also, vielleicht bin ich in dieser Hinsicht etwas altmodisch, aber ich denke schon, bevor man Schaden anrichtet, macht man vielleicht doch besser mal nix.

     

    Mit der griffigen Formel "Hat Geld = Arschloch" lässt man eigentlich nur raushängen, wo einem der Schuh drückt. Erinnert mich irgendwie an die Werbeplakatumgestalter im Wrangelkiez: Bilder von sexy Weibsbildern werden behönkelt, gegen Abbildungen von Sexy Mannsbildern hat anscheinend niemand etwas einzuwenden.

     

    Langsam werden die Links- von den Rechtsradikalen ununterscheidbar. Triebfeder ist deutlich erkennbar der reine Neid!

     

    "Wääh, die haben alle Erfolg bei den Weibern / eine schöne Wohnung / einen Arbeitsplatz / Abitur und ich nicht. RAAAAACHEEEEEEEEEEEE!!!!!1!11!!"

     

    Durch diese Art von Westentaschenterrorismus Gentrifizierung zu verhindern ist ja auch ein bewährtes Erfolgsmodell und hat ja schon überall funktioniert: Paris, London, Amsterdam, Buenos Aires, Moskau, Tokyo, Fankfurt, Neu Dehli, New York.

     

    Alles anschauliche Beispiele höchst erfolgreich verhinderter Gentrifizierung, wo lauter glückliche Kleinverdiener in besten Lagen wohnen und die bösen, bösen Yuppies (können ja eh nur Banditen sein) mit den verdreckten Slums vorliebnehmen müssen.

     

    Überhaupt, die Linken? War das nicht früher mal ne Arbeiterbewegung?

  • J
    jaja

    @DemokratIn,

     

    du wirst und willst es nie verstehen. Aber als durchschnittliche Taz-LeserIn musst du es auch nicht. Es reicht ja auch, parolen ala "Bild" zu grölen.

     

    Schönen Sonntag noch in deinem Einfamilienhaus oder wo du auch immer wohnen magst

  • B
    blablabla

    Bla, Bla, Bla: dann macht es besser !!!Hebt euren Arsch und handelt und sülzt bitte nicht hier rum, mir kommen ja fast die Tränen !!!Die Zeit eilt !!

  • N
    Niko

    36 Autos wurden schwer verletzt eines schwebt noch immer in Lebensgefahr die UN verurteilte wie immer scharf es wird eine unmittelbare Verbindung zu dem Sack Reis vermutet, der letzte Woche in der Chinesischen Hafenstadt Xiang umgefallen war und einen Kartoffelkäfer tödlich am Kopf verletzte. Bundesinnenminister Friedrich vermutet eine Bande kaukasischer Karussellbremser hinter dem gemeinen Anschlag die USA bereiten erste Luftschläge vor... Warum ist in Deutschland ein Auto mehr Wert als in Syrien ein Menschenleben ? Auch wenn ich solche zündeleien sinnlos finde kann ich sie doch nachvollziehen !

  • D
    d-ring

    Claudia bringt es in ihrem Kommentar auf den Punkt. Wem nutzt die Zündelei? Man könnte schon fast eine Aktion von V-Männern (oder Frauen) vermuten, denn es ist Aktionismus der nur die Versicherungsprämien nach oben treibt und eben den Hardlinern in die Tasche spielt...oder es ist einfach nur Revolutions-Kindergarten. Leider ist die linke Szene diesbezüglich ja auch ziemlich unterwandert.

  • N
    Nadia

    Brava Claudia!

    Diese Taten sind von Möchte-gerne-Che Guevara die NIX kapiert haben!

  • B
    Bialke

    "Darin wurde kritisiert, dass beliebige Brandstiftungen, die auch Kleinwagen treffen, negativ auf die Szene zurückfielen. "Militante Aktionen sollten sich von selbst vermitteln" ..."

     

    Soso, wir ändern also mal die Taktik und hoffen dann auf Beifall und Lob aus der Bevölkerung für etwas dummes wie Brandstiftung. Ich will einfach nicht glauben, dass es so viel Naivität gibt.

  • B
    @Bürger

    "das Abfackeln verpestet die Umwelt, außerdem müssen ja auch neue Auto notgedrungen dann gebaut werden, auch nicht sehr Umweltfreundlich"

     

    Ich glaube, die CO2 Bilanz ihrer Aktionen ist das letzte, woran die schwarz uniformierten Weltverbesserer denken. Die greifen ja auch immer wieder mal gerne ökologische Baugruppenprojekte an, weil Menschen, die sich ihre Wohnung selber bauen und dabei noch ans Klima denken, böse Gentrifizierer sind.

  • D
    Demokratin

    "..."Autos in teuren Wohnvierteln" genannt, um so "die Richtigen" zu treffen.

     

    Na das beruhigt den durchschnittlichen taz-Leser ja, der bereits Angst um sein eigenes Auto hatte.

     

    Es zeigt aber auch die Denke der Linksautonomen: Viel Geld gleich Feind.

     

    Daß die Leute mit viel Geld auch übermäßig zum Wohlstand des gesamten Landes beitragen und nicht zuletzt damit auch größtenteils das Hartz IV der Bedürftigen und der Arbeitsscheuen (ich möchte dies als zwei getrennte Gruppen verstanden wissen) finanzieren, wird ein Linksautonomer erst dann verstehen, wenn alle Besserverdiener in Richtung Schweiz, Nordamerika und Südostasien abgewandert sind.

     

    Die 1% am besten verdienenden Bürger zahlen 20% des Einkommenssteueraufkommens, die oberen 10% zahlen 50% der Einkommenssteuer und die unteren 50% der Steuerpflichtigen zahlen gerade einmal 8% der Einkommenssteuer. (Quelle: 3. Armutsbericht der Bundesregierung)

     

    Transferbezieher, die ja eh nicht einkommenssteuerpflichtig sind, sind hier noch gar nicht mit drin.

     

    Verjagt die Top 10% Verdiener und das Land kann den Haushalt gleich mal halbieren (unter der berechtigten Annahme, daß die Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und andere Steuern ähnlich konzentriert sind; Einkommens- und Umsatzsteuer generieren eh 73% der Gesamtsteueraufkommens).

     

    43% des Bundeshaushalts 2009 entfielen übrigens auf Arbeit und Soziales und 15% auf Zinsen. Selbst bei Komplettstreichung aller anderen Haushaltsausgaben (Bildung, Verkehr, Familie, Verteidigung, Gesundheit, etc.) käme man um drastische Kürzungen des Bereichs Arbeit und Soziales nicht herum.

     

    Die beiden größten Einzelblöcke in "Arbeit und Soziales 2010" sind übrigens die Rentenversicherung (42%)und Hartz IV (17%).

     

    Na dann verteibt mal die Besserverdiener.

  • I
    icke

    klammheimliche freude :-D.

  • S
    Stefan

    Politisch motiviertes Auto anzünden? Für den Weltfrieden oder gegen Umweltverschmutzung oder was? Nutzen tut es der Autoindustrie und politisch werden solche Leute doch garnicht ernst genommen. Vielleicht sollte die Linke mal Therapieplätze für linke Gewalttäter fordern. Aber dazu muss man erst mal selbstkritisch Gewalt in den eigenen ideologischen Reihen analysieren. Das ist leider in vielen linken Nischen seit Jahrzehnten verpasst worden. Da gilt eher sektenähnlich: Linke Gewalt ist besser als rechte Gewalt.

  • AK
    @Alexander Kup

    Es ist mir auch schon aufgefallen, dass es offenbar zwei Versionen des Duden in den Redaktionsräumen gibt, wenn es um Demokratiefeinde geht. Während bei den einen (http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/rechtsextreme-lassen-nicht-locker/) das angemessene Vokabular gefunden wird ("attackiert worden", "mehrere Anschläge", "Feuer gelegt", "Gegner einzuschüchtern", "zerstörten Scheiben"), klingt das hier im Text schon fast niedlich ("Politzündler", "erwischte es", "Zündeleien").

    Gekrönt wird das alles dann noch mit einem Zitat aus einem Bombenbastlerblättchen, das den Anschein erwcken soll, hirnrissige und gefährliche Brandstiftung könne mit Inhalt gefüllt werden ("Es gelang nicht, die dadurch erlangte mediale Aufmerksamkeit mit Inhalt zu füllen.")

  • C
    Claudia

    Na und!? Wie auch schon im besonders aktiven Jahr der Autofackler wird auch diesmal absolut garnichts passieren außer vielleicht wieder der ein oder andere Gerichtsprozess, von denen die meisten wegen Mangel an Beweisen eingestellt werden. Weder werden die Menschen aufhören, Autos zu fahren noch wird der böse Kapitalismus davon untergehen. Mal abgesehen davon, dass in den meisten Fällen sowieso die Vollkasko zahlt, ist das Phänomen schon allein zahlenmäßig völlig unbedeutend. Vergleicht man mal die Zahl der brennenden Autos mit der von Autos, die bei Unfällen zerstört werden oder die gestohlen werden, kann man getrost von Peanuts reden. Einen echten Kampf gegen diese "Freizeitbeschäftigung" wird es auch nie geben, weil es eigentlich nur Profiteure gibt: Die üblichen Medien bekommen ihre gewünschten Hassbrenner-Schlagzeilen, die Zündler sonnen sich in medialer Aufmerksamkeit und träumen von der großen Revolution, die Politik bekommt Argumente für härteres Durchgreifen und mehr Überwachung geliefert, die Industrie darf ein paar Autos mehr produzieren, die Versicherungen können die Prämien erhöhen, nur der Besitzer ist genervt, weil er lästige Formulare ausfüllen muss. Am Ende ist das Ganze nichts weiter als wirkungslose Selbstinszenierung gelangweilter und ideologisch fehlgeleiteter Wohlstandskinder, die medial aufgeblasen wird.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Der deutsche Michel braucht ja nicht mit dem Auto zu fahren.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde Autofahrern gegenüber nichts als Verachtung.

  • T
    Toby

    "Autos in teuren Wohnvierteln"? Wie darf ich mir das vorstellen? Soll der Grillanzünder jetzt auf dem Radel über die Oberbaumbrücke juckeln, Kurs auf Zehlendorf nehme, da einen oder zwei BMW rösten und dann wieder Heimatkurs einschlagen?

    Das wäre aber auch nicht unbedingt eine selbst erklärende militante Aktion. Wird nicht viel Verständnis ernten. Taktisch klüger wäre es, beim Nazi-Opel zu bleiben. Noch klüger wäre es, etwas sinnvolles zu tun.

  • RE
    Rah Ering

    Die Doku-Seite brennende-autos.de wird seit Okt. 2010 nicht mehr aktualisiert. Haben die Betreiber etwa Druck seitens der Behörden bekommen?

  • W
    Wutbürger

    Sollte die Berliner Polizei mit dem Terror überfordert sein, muss sie eben auch mal um Amtshilfe, bei der Bundeswehr, bitten.

    Oberst Klein ist doch schon lange wieder in der Heimat, so ist es absolut unverständlich warum man dem Berliner Terror nicht auf bewährte Art begegnet.

    Gerade jetzt, wo der Kopf der Berliner Terror-Szene, in Pakistan zur Strecke gebracht wurde, sollte man die Gelegenheit nutzen und eine ähnliche Kommandoaktion, mit Hilfe der KSK, auch hier durchziehen.

  • R
    Rassisten

    zu Alexander Kup:

     

    Auch Autos von vielen Ausländern werden bereitsangesteckt...also sind viele Nazis schon bei den Chaoten dabei...!

     

    Es müssen Aktionen gegen RECHTS und LINKS durch die Demokraten (Grünen, SPD, CDU, FDP, Gewerkschaften gestartet werden... so Aktionen wie Rock gegen Rechts und Links!

  • B
    Bürger

    Der Staat muss entschlossen und kraftvoll gegen diese Terrorakte gegen Firmen und Privatpersonen vorgehen! Schon allein aus Umweltgründen, das Abfackeln verpestet die Umwelt, außerdem müssen ja auch neue Auto notgedrungen dann gebaut werden, auch nicht sehr Umweltfreundlich. Die Grünen in Berlin (und Hamburg) müssen endlich reagieren!

  • AK
    Alexander Kup

    Aha, das sind für den Autor also "linke Zündeleien" Wie würde er es denn nennen, wenn rechte Autonome Autos von jüdischen oder türkischen Firmen anzünden würden ? Die Linken und ihr Selbstverständnis, immer wieder schön.

  • T
    Thomas

    In Hamburg passiert das jede Nacht...keine große Sache mehr, nur das diese Deppen keine Luxus Autos mehr anzünden sondern auch normale...