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Festangestellte in PresseverlagenEin entscheidendes Wörtchen

Mehrere Ex-Mitarbeiter von Gruner+Jahr klagen, weil der Verlag sie nur befristet beschäftigt hat. Das Gericht wiegelt ab und spricht ein wegweisendes Urteil.

„Brigitte“, „Brigitte Woman“, „Brigitte Mom“ und „Brigitte Wir“: Da ist für jede was dabei – und für die Mitarbeiterinnen? Foto: Christian Charisius/dpa

Berlin taz | Die Frauenzeitschrift Brigitte ist noch immer eine der Cashcows im Hause Gruner + Jahr. So erfolgreich, dass es neben den vier verschiedenen Ausgaben (Brigitte, Brigitte Mom, Brigitte Woman, Brigitte Wir) mittlerweile auch eine Akademie gibt: Für 22 Euro im Monat können Frauen in der „Brigitte Academy“ Online-Kurse zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung belegen, werden zu Symposien (mit „erfahrenen Top-Coaches, namhaften Speakern“) und zum Netzwerken eingeladen. Demnächst wollen die Macherinnen der Akademy sogar ein Gütesiegel für besonders frauenfreundliche Unternehmen vergeben.

Nur hält es die Brigitte, oder eher der dahinterstehende Verlag, Gruner + Jahr, offenbar selbst nicht so mit der frauen-, beziehungsweise arbeitnehmerfreundlichen Unternehmensführung. Mehrere ehemalige Gruner-Beschäftigte gehen derzeit rechtliche Schritte gegen den Hamburger Verlag oder erwägen, dies zu tun. Sie wollen, dass ihre Arbeitsverträge entfristet werden.

Julia Karnick ist eine von ihnen. Seit zwanzig Jahren arbeitet sie für Gruner + Jahr – erst als Autorin, dann lange als feste Kolumnistin bei Brigitte und Brigitte Woman. Ab 2014 arbeitete sie als sogenannte Festfreie zwei Tage in der Woche bei Brigitte Woman – zwar ohne Vertrag, aber mit festem Aufgabengebiet und eigenem Schreibtisch. 2016 dann unterschrieb sie, mit damals 45 Jahren, die erste Festanstellung ihres Lebens, einen Vertrag über eine Viertage-Woche als stellvertretende Redaktionsleiterin der Brigitte Woman, befristet auf zwei Jahre.

Der ist Anfang diesen Jahres ausgelaufen und Karnick vor Gericht gezogen. Sie argumentiert, dass sie zwar erst seit 2016 offiziell bei Gruner angestellt war, dass aber schon vorher, seit 2014, ein Arbeitsverhältnis als quasi Angestellte bestand. Würde das Gericht das anerkennen, dann wäre die Befristung ihres Arbeitsvertrags ungültig, weil das Gesetz Kettenbefristungen verbietet – zumindest, wenn es keinen triftigen Sachgrund gibt.

Gericht lehnt ab

Das Hamburger Arbeitsgericht hat Karnicks Klage abgelehnt, mit einer Begründung, die Folgen haben könnte für alle Presseverlage in Deutschland: Julia Karnick sei „programmgestalterisch“ tätig gewesen und damit zurecht befristet. Dieses Argument wurde bisher fast ausschließlich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwendet. Als öffentliche Institution ist der zu Ausgewogenheit verpflichtet, muss also die Möglichkeit haben, Mitarbeiter zu befristen, damit er eine Vielfalt an Meinungen und künstlerisch-kreativen Aspekten herstellen kann.

Anders als der Rundfunk sind Presseverlage aber private Unternehmen und zudem Tendenzbetriebe. Sie sind nicht verpflichtet, Meinungsvielfalt herzustellen. Im Falle einer Mitarbeiterin einer Nachrichtenagentur hatte das Stuttgarter Arbeitsgericht schon einmal auf die „programmgestalterische“ Tätigkeit der Angestellten verwiesen. Ob das aus dem Rundfunk stammende Prinzip aber auf die Presse übertragbar ist, ist in der juristischen Literatur umstritten.

„Wenn sich das so durchsetzen würde, wäre das eine Katastrophe für die Redakteure in Zeitungsverlagen“, sagt Christian Ziehm, der Anwalt von Julia Karnick. Er befürchtet, dass Verlage mit Verweis auf das Hamburger Urteil neue Mitarbeiter in Zukunft ohne Ende befristen könnten.

Heikel könnte das Urteil auch für andere ehemalige Gruner-Mitarbeiter werden. Denn zusammen mit Karnick haben mehrere ex-Angestellte geklagt. Dass sie alle auf einmal vor dem selben Problem stehen, hat einen Grund: Bis vor gut zwei Jahren beschäftigte Gruner + Jahr viele Mitarbeiter als sogenannte Pauschalisten oder feste Freie. Bezahlt wurden sie wie freie Mitarbeiter auf Tagessatzbasis, in den Redaktionen gingen sie aber ähnlichen Arbeiten nach wie Redakteure auch. Julia Karnick beispielsweise verantwortete als Festfreie ein Ressort und war maßgeblich an der Planung der Hefte beteiligt.

Anstellungswelle vor zwei Jahren

Bei solchen Beschäftigungsverhältnissen lag der Verdacht der Scheinselbstständigkeit nah, das wäre Betrug an den Sozialkassen. Die taz berichtete vor drei Jahren ausführlich über diese Praxis, die in vielen Verlagshäusern gängig war. Nachdem die damalige Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das entsprechende Gesetz überarbeitet hatte, stellten mehrere Verlage ihre Pauschalisten fest an.

Gruner + Jahr stampfte draufhin eine „dreistellige Zahl von neuen Beschäftigungsverhältnissen“ aus dem Boden, wie ein Verlagssprecher mitteilt, „eine Reihe davon auf zwei Jahre befristet“. Da diese zwei Jahre nun vorbei sind, befinden sich mehrere ehemalige Mitarbeiter nun in der selben Situation wie Julia Karnick. Wie viele nun genau klagen oder erwägen zu klagen, ist unklar. Eine niedrige einstellige Zahl, schätzt der Verlagssprecher.

Julia Karnick und ihr Anwalt wollen in Berufung gehen.

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1 Kommentar

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  • Ich habe nach „Das Hamburger Arbeitsgericht“ aufgehört zu lesen. Gerichtsurteile und Hamburg, das scheint nicht zusammenzupassen.