Fernsehturm soll wieder öffnen: Hamburg von ganz weit oben
In fünf Jahren soll Hamburgs Fernsehturm endlich wieder dauerhaft für Besucher geöffnet sein. Wir waren schon mal oben – und zwar bürgermeisterfrei.
Die Sonne knallt, kein Schatten. Der weiße Turmsockel steht isoliert auf dem Fußweg neben den Messehallen, seit das alte Eingangshaus abgerissen ist. Wir müssen ein paar Stufen runter in den Keller, dort befindet sich der Zugang zum einzigen Aufzug. Wir wollen zur Technikplattform in den 22. Stock in 150 Meter Höhe. Die Fahrstuhltür geht auf.
Ein Reporterteam von der Konkurrenz ist noch drin, das ganz nach oben auf die Antennenplattform im 29. Stock will. Okay. Wir gedulden uns. Ein paar Minuten später geht es rauf. Die Fahrstuhlkabine ist eng, die Wände mit Spanplatten geschützt. Für alle Baumaßnahmen der letzten Jahre gibt es nur diesen Fahrstuhl. Er ist das „Nadelöhr“, wie uns Benedikt Albers, Pressesprecher der Deutschen Funkturm GmbH erklärt. Das ist eine Telekom-Tochter, die alle Funktürme betreibt.
Oben im 22. Stock hat ein Radiosender, der auch Aufzugfahrten an Hörer verschenkt, heute eine kleine Sendestation. Daneben ist die Tür zum Rundumbalkon. Ein Schritt raus, und wir können uns im Freien am Blick über Hamburg berauschen: der Hafen, die Kräne, die Dampffahne von Moorburg, die in der Sonne glitzernde Elbe, die vielen Bäume.
Wer zu nah an die brusthohe Balustrade tritt und in die Tiefe blickt, wird von Schwindel erfasst. Direkt runter geht der Blick auf den leicht veralgten Teich von Planten und Blomen, daneben fährt die S-Bahn Richtung Dammtor im Miniformat. Im Süden der Hafen, im Westen Eimsbüttel und der Uni-Campus, im Osten die elegante Alster, dahinter entfernte Hochhäuser in Wandsbeker Vororten. Mit mehr Muße die Details auskundschaften konnte man früher ein paar Stockwerke tiefer hinter Glas auf der Aussichtsplattform und in dem darüber liegenden Drehrestaurant.
Seit 2001 fürs Publikum gesperrt
Für die Hamburger ist der Turm, der dieser Tage 50 Jahre alt wird, seit 2001 gesperrt. Eltern und Großeltern können ihren Kindern nur erzählen, wie schön der Blick von oben ist. Das Aussichtscafé, das Kuchen satt für fünf Mark anbot, hatte sich nicht mehr rentiert, bei einer Sanierung kam Asbest zutage. Sollte zunächst nur ein neuer Pächter gesucht und das Restaurant schon im Herbst 2002 wieder offen sein, gingen die Jahre ins Land.
Mal machte ein Bürgermeister die Wiedereröffnung zur Chefsache, mal gab es wüste Pläne, ein Hotel drumherum zu bauen. In den verstrichenen 17 Jahren hatte der Turm zwar weiter eine wichtige Funktion für Radio und Fernsehen, doch die Bürger sehen die weiß angemalte Betonsäule nur von unten.
Im Frühjahr 2011 gab es sogar das Gerücht, der Turm werde in 30 Jahren abgerissen, sein Leben sei endlich. Benedikt Albers schüttelt den Kopf. Davon hat er noch nie etwas gehört. „Fernsehtürme sind für die Ewigkeit ausgelegt“, sagt er. Auch investiere die Deutsche Funkturm GmbH Millionen in Erhaltungsmaßnahmen.
Da geht es um Dinge, die der Laie nicht sieht. Das Restaurant im 14. Stock sieht aus wie eine Baustelle. Die Verkleidung der Wände ist rausgerissen, man sieht nur noch das Skelett der Drehbühne und neu installierte Heizkörper, die im Winter ein Auskühlen des Raums verhindern. Und an den Fenstern steht noch in abblätternden Folienbuchstaben, was in welcher Richtung zu sehen ist, etwa „St. Pauli, Landungsbrücken“.
2023 soll Wiedereröffnung sein
Zum 50. Geburtstag gibt es nun eine gute Nachricht: Ab 2023 soll der Turm wieder öffentlich zugänglich sein. Geld geben Stadt und Bund dazu – je 18,5 Millionen Euro.
Dass es noch mal fünf Jahre dauert, liege daran, dass es ein komplexes Vorhaben sei, erklärt Albers. Zunächst soll bis Ende 2018 ein Betreiber gefunden werden, den Stadt und Firma gemeinsam aussuchen. Parallel muss der Denkmalschutz eine Bestandsaufnahme machen, und zum Beispiel entscheiden, ob das Restaurant wieder eine Drehscheibe haben wird. Ziel ist, dass die Planungen für Turm und Eingangsgebäude bis Ende 2019 fertig sind. Auch die Baumaßnahmen müssen europaweit ausgeschrieben werden.
Der taz-Fotograf will auch noch mal ganz nach oben zur Antennenplattform in den 29. Stock. Die Kollegin wartet lieber im 22. zwischen den Kabeln der Telekom. Eine Stunde hier oben ist ganz schön. Dann kann man aber auch wieder runter.
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