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Fernseh-Debatte bei Anne WillTerror in der Luft

Eigentlich sollte es um die Opfer gehen und die Lehren aus dem Terrorismus der RAF. Am Ende ging es doch nur um die Täter und die Freilassung von Ex-Terrorist Klar.

Sprachen über Mogadischu und Mumbai: Peter Scholl-Latour, Anne Will und Gerhart Baum. Bild: NDR/Wolfgang Borrs

BERLIN taz Von Mogadischu nach Mumbai, das war die gesteckte Route, die sich die Diskussionsrunde am Sonntag Abend bei Anne Will zum Ziel gesetzt hatte. "Terror in der Luft - Mogadischu und die Lehren", so der Titel der Sendung. Was dann kam, war aber kein erhellender Blick auf das, was wir heute aus den Ereignissen von damals lernen können. Über weite Strecken ging es um die Freilassung des früheren RAF-Terroristen Christian Klar.

"Das ist vermut... Das ist rechtens in unserem Staat, die Gesetze sind nunmal so, das Gericht konnte ja gar nicht anders handeln", sagte Jürgen Vietor, Kopilot des 1977 von der RAF entführten Flugzeugs Landshut. Unbeabsichtigt offenbarte sein Versprecher die Unzufriedenheit darüber, dass jemand wie Christian Klar frei kommt. Später fand er noch deutlichere Worte: "Die Todesstrafe ist ganz human. Da macht es einmal Peng, dann ist die Sache erledigt", sagte er erregt. Er als Betroffener sei für ein "Auge um Auge, Zahn um Zahn".

Jürgen Vietor hatte damals mit ansehen müssen, wie Kapitän Schumann vor seinen Augen erschossen wurde. Hautnah erlebte er den fünf Tage währenden Terror, bangte um sein Leben und das der Passagiere an Bord des Flugzeugs. Derart von den Ereignissen betroffen wunderte sich niemand im Saal, dass er wenig Mitleid mit dem damaligen RAF-Terroristen Klar hat. Angesichts dessen Freilassung hat er im November sein Bundesverdienstkreuz zurück gegeben, das er damals für seine besondere Tapferkeit erhalten hat.

Allein Gerhart Baum (FDP), damals parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, hielt hier dagegen. Vietor solle seine Entscheidung bitte überdenken, sagte er eindringlich. Es sei doch eine Ehrung für sein mutiges Eintreten damals, dieses Faktum bleibe ja schließlich bestehen. Baum war auch der einzige an diesem Abend, der vehement darauf hinwies, dass Klars Freilassung rechtmäßig ist. Es sei eben keine Verhöhnung der Opfer, hielt er Vietor entgegen. Der Rechtsstaat sei an das Grundgesetzt gebunden. Dort sei verankert, das eine lebenslange Strafe keine ist. Es gebe für alle Täter, auch die schlimmsten, die Perspektive, irgendwann in die Gesellschaft zurückzukehren, so Baum.

Aber selbst der Publizist Peter Scholl-Latour äußerte sich missverständlich. Ihm sei es "scheißegal", was mit Klar passiere. Wenn wir Gesetzte hätten, die die Hinrichtung vorsähen, dann wäre es ihm auch egal, wenn man Klar hinrichten würde, so der 84-Jährige wörtlich. Auf nochmaliges Nachhaken von Frau Will fand er dann aber doch, er sei keineswegs für die Todesstrafe. Außer dieser flapsigen Aussage hatte er an diesem Abend nicht viel zu sagen. Erst später sollte er noch einmal kurz zu Wort kommen. Kurz vor Ende der Sendung nämlich, als Mumbai und die dortigen Anschläge endlich doch noch zur Sprache kamen.

Bereits die Einblendung, die Peter Scholl-Latour als "Islam-Experten" auswies, zeigte, in welche Richtung es nun gehen würde. Hin zum Terror der Gegenwart, der schon fast zwangsläufig islamistischer Natur zu sein scheint. Mit großem Pathos wurde das Bild eines gewalttätigen, islamischen Terrors gezeichnet, kein Wort von der ETA, kein Wort von PKK und IRA.

Der geladene GSG-9-Experte Dieter Fox zeichnete statt dessen ein anschauliches Bild einer vermeintlich terroristischen Kultur, freilich ohne den Islam dabei explizit zu nennen. Die Kultur des Terrorismus habe sich im Vergleich zur RAF sehr verändert, so Fox. Die Täter seien heute nicht mehr berechenbar, gäben sich dem Tod hin und hätten keine Furcht mehr um ihr eigenes Leben. Die Mentälität eines Volkes gehöre da auch dazu, betonte er. Besonders perfide: Sein Beispiel einer vierköpfigen Familie, die in ein Hotel kommt. Man könne nicht wissen, ob nicht alle vier einen Gürtel um den Bauch tragen, so Fox wörtlich.

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21 Kommentare

 / 
  • HV
    Harald van Crüchten

    zu Tunichtgut:

     

    Ohne auch nur ansatzweise die Ihnen entgegenkommende eisige Luft erwärmen zu wollen nur soviel: Es sind stets die Täter, die einen Rechtsstaat gefährden und nicht die Opfer. Demokratie sollte immer und überall wehrhaft bleiben, denn sonst würde sie den kürzeren ziehen.

  • M
    max

    also eins muss man euch islamophoben, todesstrafenbefürwortern und linkenbashern ja lassen: ihr steht früher auf als die üblichen taz leser.

    bei jedem thema, das irgendwie "pi-relevant" zu sein scheint, sind die ersten kommentare neuerdings regelmäßig reaktionär und islam/-linkenfeindlich

  • R
    Rainer

    Die Veröffentlichung von Leserkommentaren ist offenbar Privatangelegenheit des jeweiligen Schreibers.

     

    Soviel zum Thema 'kritische Öffentlichkeit' und ähnliche taz-Legenden.

     

    Erbärmlich.

  • J
    jwpriebe

    Also wenn ich mich recht erinnere, wurde zu RAF-Zeiten die Volkes-Seele solange gekocht, bis aus fast jedem verschwitzten Hirn die Kopfab-Wolken dampften! Hatte nicht gedacht, dass die PR-Maschiene von damals an Wirkung nicht verloren hat. Bei allem Mitgefühl für die Opfer, mir wurde höllen schlecht bei der Will-Sendung.

     

    Und @ M.Limmel: Na du alter Kreuzritter!

     

    PS: Lasst doch den Klar im BE Requisiten schleppen, wenn er aus dem Knast kommt. So schlecht wie die zahlen, ist das keine Belohnung.

  • V
    vic

    Scholl-Latour plädiert für die Todesstrafe. Glaube ich sofort, der hat auch schon eine eigene deutsche Atombombe gefordert.

    Der Mann sollte seinen Ruhestand genießen und seinen abgelaufenen Senf für sich behalten.

    Ob die Landshut-Entführer Christen oder Moslems waren, welche Rolle spielt das denn?

    Des Deutschen Feindbild ist der Islam, egal was geschieht. Die PR der Regierung war erfolgreich.

    Und das Bundesverdienstkreuz ist was für Lamettafans und für´s kaputte Ego mancher Leute. Ich würd`s sofort versteigern wenn ich eins hätte.

  • VG
    Vera Gehlkiel

    Problematisch sind auch in diesem Fall die Gleichsetzungen, welche ein Thema produziert,

    sobald es solcherart Massenkompatibel gemacht wird, das sich ein Primetime - Schickimicki -

    Themenabend rechtfertigen lässt.

     

    Frau Will sollte mal ein bisschen Luhmann lesen,

    und dann, als öffentliche Person mit grossem

    Bekanntheitsgrad, Verantwortung übernehmen, und

    sich solchen grauslichen Abrechnungen in der

    Zukunft verweigern.

     

    Natürlich erhalten die Täter mehr Aufmerksamkeit

    als die Opfer, jedenfalls öffentliche. Das ist

    unvermeidlich, und die Rollen von Tätern und Opfern sind nicht vergleichbar. Es ist nicht

    möglich, derartige Kränkungen, wie sie Opfern

    zugefügt wurden, öffentlich aufzuarbeiten.

     

    Leider ist es nunmal so, das die Täter das Moment

    des Handelns bestimmen. Die Opfer haben dies auf grausame Weise am eigenen Leib erfahren, und die

    Unmöglichkeit, das eigene Schicksal zu beein-

    flussen, die erzwungene Passivität, das Ausge-

    liefertsein. Ihre Meinhaftigkeit wurde neutrali-

    siert durch den terroristischen Akt und für die

    Dauer der Todesdrohung. Wie soll ein Schlaglicht,

    wie es solch eine Talkshow wirft, da irgendetwas

    richtig stellen können?

     

    Was dann passiert mit den Opfern, passiert auch

    jedesmal wieder, zerrt man sie dieserart unter die

    Lampen: sie wirken schlecht, haben keine richtigen

    Argumente, eigentlich nur ihr Leid mitzuteilen, für das aber kein Platz ist, da es schliesslich

    um Unterhaltung geht. Meist sind sie im Sprachge-

    brauch nicht gewandt genug, um mit den anderen

    mitzuhalten, und so entsteht ein Bild: hier die,

    die damals handelten, also Täter und Polizei und

    Politiker, im erklärenden, differenzierenden,

    abstrahierenden Kontakt, dort, dagegen, die Opfer,

    nochmal Opfer, jetzt mit System, im System, nicht

    mehr rückgängig zu machen, sich dem Versuch aus-

    setzend, Heilung durch ewig wiederkehrende Wiederholung zu erlangen, vergeblich natürlich.

     

    Man kann auch nicht einfach so

    die Entführung der Landshut mit der Entführung

    Schleiers gleichsetzen, und erst recht nicht ist

    es möglich, Christian Klar da mit hineinzuziehen.

     

    Alle sagen immer, Klar sei nur

    ein gewöhnlicher Mörder. Sobald es aber darum

    geht, ihn nach der Rechtslage wie einen gewöhnlichen Mörder zu behandeln (ihn also frei zu

    lassen), gibt es inszenierte "Aufschreie" und

    Empörung allenthalben.

     

    Niemand wird Müll und Vietor gerecht, wenn man sie

    im Rahmen einer solchen Talkshow als Katalysatoren

    für wohlfeile Betroffenheit instrumentalisiert.

    Sie verdienen gerade Ausführlichkeit, wohl auch

    praktische Hilfe, Geld wahrscheinlich.

     

    Auch die politische Dimension des Terrorrismus, die in ausgesprochen hohem Masse eine medien -

    politische Dimension ist, verdient ganz ausführ-

    liche Betrachtung und Einzelfallanalyse.

     

    Aber man darf diese Dinge nicht vermischen und

    generalisieren. Die Generalisierung und Verein-

    fachung über jedes individuelle Mass hinaus ist

    gerade ein wesentliches Moment, das den Terror

    prägt. Der Terror ist die Negation der Differen-

    zierung und des Individuellen.

     

    In diesem Sinne war auch der Themenabend mit Anne

    Will ein Akt des öffentlich - rechtlichen Terrors.

    Zum Glück ist aber wohl hoffentlich keiner draufgegangen.

  • MH
    Markus Hill

    ...als Antwort zu Anfrage

    "Von ponce45":

    PSL sagte, dass die Täter IM Flugzeug (!) Angehörige einer christlich-orientierten Gruppe wären. Ein Leserbriefschreiber hat da etwas verwechselt, RAF mit diesem Sachverhalt zusammengeworfen.

    Zum Thema der Sympathie mit den Mördern der RAF: Den Opfern soll es sogar häufig egal sein, ob sie aus Rassen- oder Klassenhass-Gründen in die Luft gesprengt werden. Rot und Braun sind sich an den Rändern wieder sehr nahe. Es stimmt, beim Artikel und bei einigen Leserbriefen entsteht so ein merkwürdiges Gefühl, als würde Sympathie für die RAF bestehen (Vermutung, Unterstellung, durch Fakten schwer belegbar).

  • J
    jens

    @katerkarlo: "Was hier gerade an Meinungsmache passiert auch von Seiten Springer etc."

    ....und was ist mit der Meinungsmache der taz?

  • T
    Tunichtbesser

    @Tunichtgut

     

    Brilliante Logik.

     

    Ich weiß nicht wieviele Menschen jährlich Opfer rechter Gewalt werden. Aber ich weiß, dass jährlich 1 Million(!) Menschen an Aids in Afrika sterben, weil die Pharmaindustrie sich weigert die Lizenz für diese Medikamente freizugeben.

  • T
    Tunichtgut

    Es ist die eisige Luft die durch einige Kommentare mir hier entgegenkommt die mich in Angst und Schrecken versetzt.

     

    @Harald Crüchten: Das Gesetz könnte die Gefühle eines Menschen verletzen.

     

    Sollen ab heute nur noch subjektive Gefühlsausbrüche über das Urteil eines Menschen entscheiden? Früher nannte man so etwas Selbstjustiz, die aus guten Gründen abgeschafft wurde. Auch wenn es für unsere Verhältnisse pervers klingen mag, so fühlt sich manche Familie zu einem Ehrenmord verpflichtet, weil man ihre Gefühle verletzt hat. Wir lachen darüber, aber für diese Menschen sind ihre Gefühle ebenso real! Ein Gesetz kann nur dann vernünftig sein, wenn es neutral und objektiv ist.

     

    M.Limmel: Wir wissen alle von wo der Terror herkommt. Für wie dumm haltet ihr uns.

     

    Es freut mich endlich den wahren Experten des Terrorismus hier im Forum entdeckt zu haben. Jemand der uns alle Zusammenhänge und die Wurzel allen Übels mitteilen kann, gewiß wissenschaftlich begründet und mit unzähligen stichhaltigen Beweisen hinterlegt.

    Nur ein ganz kleiner Zusatzbeitrag von meiner Seite: ich weiß nicht wieviele Menschen jährlich durch Terroranschläge zu Tode kommen. Aber ich weiß, dass jährlich 1 Million(!) Menschen an Aids in Afrika sterben, weil die Pharmaindustrie sich weigert die Lizenz für diese Medikamente freizugeben.

     

    Ach ist unsere Welt doch einfach. Wir in Europa sind die Guten, die Orchideen unter den Menschen. Und die da unten im Golf, das sind die schlechten, das Unkraut. Da hat der Tag doch Struktur.

  • R
    Rojas

    Scholl-Latours eindringlicher Hinweis, die "Landshut"-Entführer seien "keine Islamisten sondern Christen" gewesen, ist natürlich in diesem Zusammenhang barer Unsinn. Kein Mensch würde von Baader und Meinhof sagen, sie seien "Christen" gewesen. Richtig mag sein, dass die einen wie die anderen ursprünglich aus einer christlichen Kultur entstammen, aber weltanschaulich waren sie natürlich Marxisten-Leninsten, bzw. bei PLO/PLFP war/ist natürlich auch ein Schuss arabisch-palästinensischer Nationalismus dabei sein. Aber anders als bei Al-Qaida der Islam ist das Christentum bei der PLFP, der RAF, der RAF, der ETA *nicht* das weltanschauliche Motivationsmoment.

  • BW
    Bürger W.

    Menetekel uphar sim - Sehet die Zeichen an der Wand!

     

    Hüte dich Mediendemokratie! dass nicht die Schrecken der Feindbilder, die so mediengewaltig inszeniert werden, einestages sich deines Leibes bemächtigen und aus dem Reich der Wahnvorstellung hinabsteigen und deine Kinder vergiften, auf das sie dich, Demokratie, in Stücke reißen.

     

    Ist es nicht schon deutlich genug zu erkennen, wie tief das Gift schon in die Geister eingedrungen ist. Todesstrafe, "islamistischer" Terror, fdGO und GG sowie aus den Rechtsstaatsprzipien hergeleitete Verfahren und Maßstäbe als flexible Verhandlungsmaße der populistischen Empörung?

     

    Sind wir noch zu retten? Gibt es nicht mehr prominente Menschen wie Herrn Baum, die bei Frau Will die Grundsätze unserer Demokratie vor aller Augen gegen die Anfechtungen persönlicher Kränkung und ideologischer Blindheit verteidigen? Und, Moderatorinnenrolle hin oder her, betrifft das Frau Will und ihren Sender nicht?

     

    @Johann E.

    Es ist perfide, weil so gar nicht so subtil der unterschwelligen Angst jeder Moslem (selbst die harmloseste Familie in irgendeinem Hotel) sei zumindest ein potentieller Attentäter. So etwas nennt man Vorverurteilung und eine Form der Kollektivstrafe. Denkfiguren dieser Art entstammen jedoch mehr dem Kreis totalitärer Regime, als dem des demokratischen Rechtsstaats.

     

    Wir sollten uns stets hüten, der leichtfertigen und pauschalisierenden Antwort, die unserem Gemütszustand entgegenkommt, den Vorzug vor der differenzierten Analyse zu geben. Und keinesfalls dürfen wir es zulassen, das unser GG in Frage gestellt wird.

     

    "Die Würde des Menschen ist unantastbar!"

     

     

    Ihr Bürger W.

  • HV
    Harald van Crüchten

    zu Tom Baumann:

     

    Es wäre zu überlegen, ob die Verfassung in diesem Punkt nicht die Gefühle der Hinterbliebenen verhöhnt, und das nicht nur lediglich !

  • B
    buddy

    Der Artikel ist ein weiteres Beispiel für ungenaue und tendenziöse journalistische Arbeit. So erscheint es, als hätte Vietor für Klar (oder andere RAF-Leute) die Todesstrafe gefordert. Das ist falsch! Es fielen zwar die zitierten Äußerungen, die Schlussfolgerung Vietors (und somit auch seine Kernaussage) war aber, dass Klar bis zum Lebensende, ja seinetwegen mit Fernsehen, Internet usw. in seiner Zelle, im Gefängnis sitzen sollte ("auf hohem Niveau" wie Vietor sagte). Sich über Scholl-Latours Aussage zu beschweren, ist ebenfalls erstaunlich, wenn doch an anderer Stelle des Artikels als entscheidend verkauft wird, dass die Freilassung Klars gesetzlich verankert ist. Scholl-Latour sprach von der Todesstrafe, die man, falls sie noch im Gesetz verankert wäre, seinetwegen vollstrecken könne. Diese Äußerung zeigt doch gerade, dass ein stures Befolgen von Gesetzen nicht unbedingt gleichbedeutend mit moralisch richtigem Handeln ist. Durch Kritik an Klars Freilassung und der bundesdeutschen Handhabung von lebenslänglichen Urteilen wird auch nicht - wie im Text anklingt - der Rechtsstaat in Frage gestellt, sondern lediglich ein strittiger (und im demokratischen Prozess durchaus abänderbarer!) Punkt unserer Verfassung! Scholl-Latour hat zu Recht darauf hingewiesen: Der Terrorist und mehrfache Mörder "Carlos" wird in seinem französischen Gefängnis voraussichtlich bis zu seinem Tode hocken. Ist Frankreich etwa kein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat?

    Darüber hinaus hat die Verbitterung der ehemaligen Geiseln Vietor und Müll und auch des GSG 9-Beamten Fox vermutlich viel mit dem Zeitgeist der letzten Jahrzehnte zu tun. Selbst Baum hat zugegeben, dass den Tätern oft mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde. Sie wurden und werden von nicht wenigen verstanden und somit gebauchpinselt. Leute wie Jutta Ditfurth oder Claus Peymann zeichnen nach wie vor an dem Bild von den damals zu Recht empörten Robin Hoods, die leider etwas übers Ziel hinausschossen. In gewissen Kreisen scheint immer noch "klammheimliche Freude" vorzuherrschen, die evtl. lediglich durch Diskussionen über die Methoden der RAF etwas getrübt wird. Es waren damals tausende, die von dem zu bekämpfenden "Schweinesystem", der "Revolution" und dem "bewaffneten Kampf" faselten. Die RAF hat diese Ideologie eben in die Tat umgesetzt. Viele der damaligen Revoluzzer wurden nie zu Mördern, und waren doch nichts anderes als geistige Brandstifter. Wenn man das verstanden hat, dann wird einem auch klar, dass diese Leute bis heute eine Art Bringschuld gegenüber denen haben, die in der Praxis zur Waffe griffen, um das System zu zerstören. Die Affinität, die viele damalige und heutige Linke (viele davon im Mainstream angekommen) für die RAF zeigen, hat genau dort ihren Ursprung. Auch als damals schon längst gemordet wurde, ließen sich noch tausende selbst ernannte "Freidenker" willfährig vor den Karren der Mörder spannen, redeten ihnen das Wort in "Anti-Isolationsfolter-Kommitees", debattierten über den angeblichen "Staatsmord in Stammheim" und produzierten sich auch sonst nach wie vor als verbohrte Propagandisten für feige Mörder. Als 1993 der RAF-Terrorist Wolfgang Grams bei einer missglückten Festnahme einen GSG 9-Mann erschoss und danach, wie inzwischen einwandfrei bewiesen, Selbstmord beging, gefielen sich sowohl die deutsche Linke als auch die Mehrzahl der Medienvertreter darin, sich in paranoid-psychotischem Misstrauen gegenüber dem Staat zu suhlen - einem Misstrauen, dass in Deutschland zur Grundausstattung eines jeden pseudo-kritischen Möchtegern-Intellektuellen zu gehören scheint. Die Legende, dass Grams von der GSG 9 ermordet wurde, war geboren und ist bis heute in vielen Köpfen verhaftet. So wurde ein im Leben gescheiterter, fanatisch verblendeter Mörder wie Grams zum Märtyrer erhoben. Zahlreiche Demonstrationen erwiesen ihm die Ehre. Für den Mann, den Grams absolut unstrittig und erwiesenermaßen erschoss, interessierte sich damals wie heute keine Sau:

     

    Michael Newrzella, Polizeikommissar in der GSG 9 des BGS, 25 Jahre alt bei seiner Ermordung.

     

    Das könnte erklären, warum auch Fox darüber nachdenkt, sein Bundesverdienstkreuz zurück zu geben.

     

    Die RAF und ihre Sympathisanten waren und sind nichts anderes als rot lackierte Faschisten!

  • ML
    M. Limmel

    was soll diese Relativierung bzgl. nicht-islamischen Terrors? Wann hat es denn die letzten Anschläge der IRA gegeben? Und wieviele Tote haben IRA und die ETA insgesamt "produziert"? Steht das auch nur ansatzweise im Verhältnis mit islamischem Terror?

    Ist die PKK nicht aus der Türkei/Kurdengebieten? Soweit ich weiß handelt es sich dort um Moslems!?

     

    Dieses stete taz & Gez-Medien Bemühen, den Islam von allen Vorwürfen des Terrors frei zu halten, sind so dermaßen durchschaubar und lächerlich - manchmal muss man einfach mal erkennen, was tatsächlich los ist. Wenn die Tagesschau es schafft, 5 Minuten vom Terror in Indien zu berichten aber die Worte Islam und Moslem nicht ein einziges Mal vorkommen, ist das schon irgendwie billig...

    was soll das nur?

    soll das der jämmerliche Versuch sein "kein Öl ins Feuer zu gießen"? Meint Ihr wirklich die Menschen sind so blöd, um nicht zu wissen aus welcher Ecke der Terror kommt?

  • K
    KaterKarlo

    Ich habe mir den ganzen Abend angeschaut, warum auch immer, und fand alles erschreckend. Erst gibt es den Action Film, danach gleich ab in die politische Diskussion, die mich, und ich hoffe nicht nur mich, wirklich erschreckt hat. Da wurde, wie im Artikel beschrieben, auf unterstem Nivau von Todesstrafe und Auge um Auge gesprochen. Und schaut man sich die Leute an, darf man nicht vergessen, daß Gäste von den Machern einer Sendung gezielt aussgesucht werden.Was hier gerade an Meinungsmache passiert auch von Seiten Springer etc. ist gefährlich und darf nicht unterschätzt werden, würde mich nicht wundern wenn demnächst über eine verschärfung des Strafrechts disskutiert wird. Mit den Schlußworten von Anne Will: "Und jetzt folgt noch eine ganz tolle Dokumentation. Ah ja.

  • P
    ponce45

    Eine Bemerkung von Scholl-Latour ging unter und wurde auch nicht diskutiert.

    Sinngemäß sagte er, die vier Täter seinen keine Islamisten, sondern Christen gewesen...

    Wer klärt mich bitte auf, ob diese Aussage richtig ist?

  • TB
    Tom Baumann

    Richtig gestellt werden sollte, dass Gerhart Baum zum Zeitpunkt der Entführung der Landshut "nur" parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium war und erst im Jahr 1978 das Amt des Innenministers übernahm.

    Und wer sein Verdienstkreuz zurück gibt, weil er mit der Entscheidung eines Gerichtes, welches lediglich auf der Grundlage der Verfassung handelt, verhöhnt eben diese Verfassung (erst recht im Zusammenhang mit derartigen Äußerungen zur Todesstrafe).

  • A
    alex

    Hart. Anne Will ist Qualitätsdiskussion.

  • C
    carlo

    Für die Todesstrafe kann man schon Verständnis haben, schließlich belügen Kriminelle des öfteren Richter und Therapeuten, siehe http://www.youtube.com/watch?v=BhbCp_qvwJ0

  • JE
    Johann E.

    "Besonders perfide: Sein Beispiel einer vierköpfigen Familie, die in ein Hotel kommt. Man könne nicht wissen, ob nicht alle vier einen Gürtel um den Bauch tragen, so Fox wörtlich."

     

    Was soll denn da bitte perfide sein?