Felix Lee über Chinas Aufhebung der Amtszeitbegrenzung: Personenkult pur
Die Ankündigung kommt nicht völlig überraschend. Schon beim letzten Parteikongress im Oktober hatten die Delegierten einstimmig dafür gestimmt, „die Gedanken“ des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping als neue Leitlinie in der Parteiverfassung zu verankern. Und dass auf dem Parteikongress kein Nachfolger präsentiert wurde, ließ ebenfalls ahnen, dass Xi nicht plante, nach seiner zweiten Amtszeit in fünf Jahren abzutreten. Bisher war nach der ersten Amtszeit stets jemand Potenzielles in Position gebracht worden, um einen reibungslosen Machttransfer zu ermöglichen.
Aber nun ist es offiziell: Chinas herrschende Kommunistische Partei will das bisherige Prinzip der „kollektiven Führung“ aufheben und dem amtierenden Staats- und Parteichef weitere Amtszeiten ermöglichen. Seit dem Tod von Staatsgründer Mao Zedong hatte in der Volksrepublik kein Führer eine vergleichbar starke Stellung wie Xi. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt entwickelt sich nun endgültig und noch weitreichender als bisher zu einer Autokratie.
Für China ist das eine verheerende Entwicklung. Zwar haben die Bürger auch jetzt schon nicht viel zu sagen und Kritiker werden weggesperrt. Doch zumindest führungsintern haben sich die Spitzenkader auf die Finger geschaut und sich auch mal gegenseitig korrigiert. Xi konnte nicht komplett nach eigenem Gutdünken herrschen. Einen ersten Vorgeschmack, was demnächst auf China zukommt, gibt es bereits: Unter Xi wird ein Personenkult zelebriert, wie es ihn zuletzt zu Zeiten der Kulturrevolution unter Mao gab.
Doch auch der Rest der Welt muss sich warm anziehen. Denn sie wird es künftig mit einem chinesischen Staatschef zu tun haben, der angesichts seiner Machtfülle vor Selbstbewusstsein nur so strotzen wird. Verhandlungen dürften mit der Volksrepublik künftig sehr viel schwerer werden. Fast drei Jahrzehnte lang erlebte die Welt ein China, das sich offen und lernbegierig zeigte. Ein Despot ist das nur selten.
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