Feiern im Park: Keine Party ist illegal!
Wer darf mit wie vielen anderen draußen Bier trinken? Die vielen Verordnungen angesichts Corona verwirren sogar den Innensenator. Die taz klärt auf
Doch was ist nun erlaubt und was nicht? Durch die Auflagen infolge der Pandemie ist das noch komplizierter als sonst zu beantworten. Zumal ab Samstag neue Coronaregeln gelten. Die taz beantwortet die wichtigsten Fragen.
Dürfen sich 100 Menschen einfach so in einem Park treffen?
Ja. Die Obergrenze für private Feiern im Freien liegt jetzt bei 100 Personen. Immer, wenn sich Menschen gemeinsam aufhalten und die Einhaltung des Mindestabstandes nicht möglich ist, ist es nach wie vor angezeigt, eine medizinische Gesichtsmaske zu tragen. Bei öffentlichen Veranstaltungen – bis zu 2.000 Personen sind erlaubt – ist grundsätzlich eine Testpflicht vorgesehen. Darüber hinaus gilt in den Parks immer das Grünanlagengesetz: Die Benutzung muss schonend erfolgen, so dass Anpflanzungen und die Anlagen nicht beschädigt oder verschmutzt und andere Besucher nicht unzumutbar gestört werden. Veranstaltungen mit elektronisch verstärkter Musik sind bei den zuständigen Bezirksämtern genehmigungspflichtig.
Wie lange darf man sich treffen?
Es gibt keine zeitliche Beschränkung für private Treffen, aber auch hier gelten die Schutzvorschriften des Grünflächengesetzes. Bei störendem Lärm gilt das Immissionsschutzrecht. Es reicht schon, wenn sich ein einziger Anwohner belästigt fühlt und die Polizei ruft.
Wie lange dauert es, bis die Polizei aufkreuzt?
Wenn der Anruf um 17 Uhr eingeht, wird die Polizei hoffentlich Dringenderes zu tun haben, als der Beschwerde nachzugehen. Aber je später, umso wahrscheinlicher, dass die Uniformierten im Park aufkreuzen, insbesondere zur Nachtzeit. Wenn wirklich eine Lärmbelästigung vorliegt, werden sie schleunigst dafür sorgen, dass Ruhe einkehrt.
Wie gehen die Einsatzkräfte vor?
Das ist wie immer eine Frage der Verhältnismäßigkeit, man könnte auch sagen, es hängt von der Laune und Tagesform der Einsatzkräfte ab. Der Grundsatz ist laut Polizeipressestelle, die Feiernden zunächst anzusprechen, auch mittels Lautsprecherdurchsagen, und sie zum Verlassen der Grünanlagen aufzufordern. In den meisten Fällen werde dem auch Folge geleistet. Andernfalls würden aber auch Platzverweise erteilt und Ordnungswidrigkeitenanzeigen geschrieben. Bei Fortdauer der Party maximiert sich das Risiko, dass die Musikanlage beschlagnahmt wird. Schlauer wäre, sofort zu verschwinden und woanders weiterzufeiern.
Und wie ist das mit dem Alkohol – der war doch mal verboten während Corona?
Achtung, jetzt wird es kompliziert (am besten nüchtern lesen). Wörtlich heißt es in Paragraf 10 der geltenden Sars-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung: Der Verzehr von alkoholischen Getränken in Grünanlagen „ist im Sinne des Grünanlagengesetzes“ untersagt. Ein Blick ins Grünanlagengesetz indes zeigt: Von einem Alkoholverbot in Parks steht da nichts.
Selbst Innensenator Andreas Geisel (SPD) kennt offenbar die Berliner Gesetzeslage nicht. Im Juni hatte er das Alkoholverbot auf einer Pressekonferenz mit den Worten begründet: Alkohol konsumieren in Parks, „das konnte man noch nie, das hat nichts mit Corona zu tun“.
Auch Geisels Pressestelle konnte das Zustandekommen dieses Irrtums am Donnerstag nicht aufklären. Es folgte das klassische Behördenpingpong: Die Innenverwaltung verwies die taz mit ihrer Anfrage an die Umweltverwaltung und die wiederum an die Wirtschaftsverwaltung.
Informierter zeigen sich immerhin die Bezirke: „Es gibt kein Alkoholverbot im Grünflächengesetz.“ Und auch die Polizei kennt sich aus. Wenn die Feiernden von den Einsatzkräften per Lautsprecher auf das Alkoholverbot in den Grünanlagen hingewiesen würden, geschehe das allein auf Grundlage der Infektionsschutzverordnung, so die Pressesprecherin.
Was geschieht mit den Flaschen und dem Müll?
Nach den Raves sind Grünlagen wie die Hasenheide oder der Mauerpark am nächsten Morgen in Verpackungen, Flaschen und Scherben versunken. Das ist unfair, nicht nur gegenüber der Natur, sondern auch den anderen Parknutzern. Das Aufstellen von mehr Mülltonnen führe zu nichts, sagen Grünflächenamtsmitarbeiter. Wenn der Autoverkehr die Straßen verstopfe, fordere schließlich auch keiner, mehr Straßen zu bauen. Darum der Appell: Nehmt euren Müll gefälligst mit nach Hause.
Gibt es noch alternative Orte statt Parks, um draußen zu feiern?
Viele Clubs und legale Open-Air-Locations haben wieder geöffnet und bieten jedes Wochenende Programm. Meist ist aber um 22 Uhr Schluss – aus Lärmschutzgründen. Die Möglichkeit einer vollen Partynacht bieten hingegen ausgewiesene Open-Air-Locations, etwa im Draußenstadt-Programm des Senats. Auf Parkplätzen und Betonbrachen, meist in den Außenbezirken, kann dann auch nachts sicher gefeiert werden.
Wer es unbedingt informell will, kann in dubiosen Telegram-Gruppen nach größeren Parties im Berliner Umland Ausschau halten. Generell gilt: Je weiter draußen, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass die Uniformierten die Party frühzeitig beenden. Allerdings sind die meisten Locations den Behörden seit dem letzten Coronasommer schon bestens bekannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion