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Faule Zertifikate vor dem BundesgerichtshofKein Geld für Lehman-Schaden

Der Bundesgerichtshof spricht Anlegern, die Zertifikate der Lehman-Bank gekauft hatten, keinen Anspruch auf Schadenersatz zu.

Keine Entschädigung für Käufer der Lehman-Papiere. Bild: dpa

KARLSRUHE taz | Anleger, die in der Vergangenheit Zertifikate der Pleite-Bank Lehman Brothers gekauft haben, gehen leer aus. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag in einem Pilotprozess zwei Klagen gegen die Hamburger Sparkasse zurück gewiesen. Die Bank habe beim Verkauf der Zertifikate ihre Gewinninteressen nicht offen legen müssen.

Lehman Brothers war die drittgrößte US-Investment-Bank. 2008 ging sie im Zuge der Finanzkrise in Konkurs. Anleger, die so genannte "Zertifikate" von Lehman gekauft hatten, besaßen plötzlich völlig wertlose Papiere. Nach Agenturschätzungen waren davon in Deutschland mehr als 40.000 Personen betroffen, die insgesamt Verluste in Höhe von etwa 750 Millionen Euro erlitten.

Einige hundert von ihnen beschritten jedoch den Klageweg. Sie warfen den Banken, die ihnen die Zertifikate verkauft hatten, eine schlechte Beratung vor. Rund vierzig Verfahren sind bereits beim BGH anhängig, der nun über die ersten beiden Klagen entschied.

Konkret ging es um zwei Kunden der Hamburger Sparkasse (Haspa): eine Ernährungsberaterin und einen pensionierten Lehrer. Beide hatten jeweils für 10 000 Euro Lehman-Zertifikate gekauft. Von der Haspa wollten sie das Geld nun in voller Höhe plus Zinsen und Anwaltskosten zurückbekommen. Beim Landgericht Hamburg hatten sie Erfolg, das Oberlandesgericht Hamburg hatte ihre Klage jedoch abgewiesen.

Geklärt wurde in den unteren Instanzen schon, dass die Haspa über die Risiken des Geschäfts ausreichend aufgeklärt hatte. Beide Anleger waren darauf hingewiesen worden, dass bei solchen Zertifikaten (Inhaberschuldverschreibungen) im Falle der Insolvenz das ganze verliehene Kapital verloren ist. Auf ein konkretes Risiko mussten die Banken beim Verkauf der Zertifikate 2006 und 2007 jedoch nicht hinweisen. Denn eine Insolvenz von Lehman Brothers war damals überhaupt noch nicht absehbar.

Keine Transparenz

Zu klären war beim BGH vor allem die Frage, ob die Haspa ihr Eigeninteresse, insbesondere ihre Gewinnmarge, ausreichend offen gelegt hat. Der BGH sah hier jedoch keine Pflicht zur Transparenz. "Es ist für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene Gewinninteressen verfolgt", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Wiechers, "darauf muss die Bank nicht ausdrücklich hinweisen."

Damit müssen nun wohl auch die meisten anderen Lehman-Anleger ihre Hoffnungen auf Schadensersatz endgültig abschreiben. Richter Wiechers betonte allerdings ausdrücklich, dass jeder Fall anders gelagert sei. Die Zertifikate seien unterschiedlich komplex gewesen - und damit auch die Anforderungen an eine Beratung. Im vorliegenden Fall handelte es sich um relativ einfach strukturierte Anleihen und die Anleger waren in Geldfragen einigermaßen erfahren.

Der klagende Lehrer war kurz vor dem Prozess in Karlsruhe verstorben. Seine Witwe sagte nach dem Urteil, sie sei "traurig und wütend, dass die Bank in allen Punkten Recht bekommen hat."

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2 Kommentare

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  • G
    guthand

    Die Geschichte mit dem sog. leicht verdienten Geld durch Spekulation hat doch immer 2 Seiten:

    Gewinnt man bei der Spekulation, wird der dicke Max herausgehangen.

    Ist das Geld hingegen pfutsch, setzt das große Jammern und Wehklagen ein.

    Persönlich würde ich mich auf solche windigen Geschäfte niemals einlassen.

    Die Kläger tun mir nicht leid, weil die Aussicht auf ungewöhnlich hohen Gewinn Ihnen den gesunden Menschenverstand vernebelt hat.

    Man muß dann auch bereit sein, klaglos die Folgen zu tragen.

  • V
    Verstandesmensch

    bank, banker, am gangstersten