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GastkommentarFatales Signal

■ Buntentor-Erfahrung: Tolerant sein kann nur, werl Toleranz erfahren hat

Leider ist in dem bremischen Gestrüpp von Kompetenzen, Zuständigkeiten und informellen Beziehungen bislang nicht klargeworden, wer letztlich die Verantwortung für die Räumung im Buntentor trägt. Wenn es wirklich so einfach sein sollte, daß es sich „nur“ um die unbedachte Aktion eines übereifrigen Oberstaatsanwaltes handelte, dann wäre es angebracht, dieser Person klarzumachen, daß ihre Funktion nicht zuletzt etwas mit der sozialen und kulturellen Entwicklung dieses Gemeinwesens zu tun hat. Daß über den Umgang mit sogenannten „alternativen“ Lebensweisen und -vorstellungen politisch diskutiert und entschieden wird, schien in Bremen schon mal in greifbarer Nähe – und dies torpediert zu haben, ist das fatale Signal, das von der Buntentor-Räumung ausgeht.

Wer an dieser Stelle ohne zwingenden Grund „Normalität“ herstellt, hat nicht begriffen, daß die Entwicklung der Gesellschaft und insbesondere der Städte in wachsendem Maße viele verschiedene Normalitäten hervorbringt, die alle mit der gleichen Berechtigung ihren Raum beanspruchen. Die zunehmenden Konflikte, die sich daraus ergeben müssen – zwischen Autobesitzern und Autolosen, zwischen Überstundenjägern und Gelegenheitsbeschäftigten, zwischen Reebook und Birkenstock oder eben auch zwischen kleinbürgerlicher Vorgartenidylle und frauenbewegtem Autonomieprojekt – sind die eigentliche Normalität, auf die wir uns einzustellen haben.

Anstatt Verantwortung auf formale Rechtsprinzipien abzuschieben und gleichzeitig hilflos Toleranz einzufordern, muß die Rolle von Politik darin bestehen, solche Konflikte zu moderieren ohne auszugrenzen. Tolerant kann nämlich nur sein, wer wenigstens hin und wieder die Erfahrung macht, nicht überrollt zu werden. Räume für diese wichtigste Erfahrung zu schaffen, das wäre zukunftsorientierte Stadtpolitik. Günter Warsewa

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