: Fast allein bei Liebermann
Angenehmer könnte ein Museumsbesuch dieser Tage wohl kaum sein: Am Gartentor zur Liebermann-Villa am Wannsee stehen am Samstag um Punkt 12 Uhr mittags – dem frühesten Zeitfenster – drei Menschen mit Maske im Freien und warten auf ihren Einlass. Es bildet sich keine Schlange, von einer Wartezeit kann nicht die Rede sein. Wohl auch, weil alle Besucher*innen das Ticket bereits vorab ausgedruckt und mit den eigenen Kontaktdaten versehen haben. Die Frau am Gartentor nimmt die DIN-A4-Seiten rasch entgegen und wünscht viel Spaß.
An der Eingangstüre zur Villa folgt dann eine zweite Kontrolle: Ein Mann in Anzugweste bittet freundlich um einen Test-, Impf-, oder Genesungsnachweis. Wer nur in den Gartenbereich möchte, spart sich diesen Schritt.
In der Liebermann-Villa selbst tritt die Pandemie mit ihren Abstandsregeln dann schnell in den Hintergrund – einfach, weil das Missachten praktisch unmöglich ist. Mal huscht eine weitere Frau durch die Räume, ansonsten ist es in dem Altbau mit hohen Wänden ruhig, der Boden knarrt, die Vögel zwitschern im Garten. Zeitweise befinden sich keine weiteren Besucher*innen im Atelier des Berliner Künstlers Max Liebermann. Einzig grüne Hinweiszettel an den Türen erinnern an all die Regeln, die nach über einem Jahr Pandemie habitualisiert ablaufen: Maske tragen, Hände regelmäßig desinfizieren – die Spender dafür stehen überall auf dem Gelände. Und zuletzt die Bitte, sich „so kurz wie möglich und so lang wie nötig“ im Gebäude aufzuhalten.
Das gebuchte Ticket erlaubt es, maximal zwei Stunden zu verweilen. Das genügt, um sich ganz dem idyllischen Sommerhaus hinzugeben: Im Gartenbereich sind zwar weniger Sitzplätze als vor Corona gestuhlt, dennoch gerade genug, dass es für alle reicht.
Das Wetter ist wechselhaft, mal bewölkt, mal sonnig. Mit Blick auf den Großen Wannsee schmeckt nicht nur das Stück Rhabarberkuchen, auch der Pandemiewahnsinn gerät in Vergessenheit. Die Unbeschwertheit kehrt langsam zurück. Jacqueline Dinser
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen