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Familienwerft bietet für TraditionsunternehmenLürssen Werft will Blohm + Voss

Die Bremer Familienwerft will das Hamburger Traditionsunternehmen übernehmen. Eigentümer Thyssen-Krupp hat jedoch "erhebliche Zweifel" am Angebot.

Könnte von der Bremer Lürssen Werft übernommen werden: Blohm + Voss. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Bremer Familienwerft Lürssen will den Hamburger Traditionsschiffbauer Blohm + Voss übernehmen. Das Unternehmen bestätigte ein Angebot an Thyssen-Krupp. "Gemeinsam können wir so die Gesamtkompetenz des deutschen Überwasser-Marineschiffbaus hier im Norden konzentrieren", sagte Geschäftsführer Friedrich Lürßen. Mit der Übernahme wolle man "Augenhöhe in Europa" schaffen und hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland erhalten. Thyssen-Krupp äußerte allerdings "erhebliche Zweifel" an dem Angebot. Trotzdem werde man es prüfen.

Thyssen-Krupp ist derzeit noch Eigentümer der 1877 gegründete Werft Blohm + Voss, will sich aber aus dem Schiffbau weitgehend zurückziehen. Der Düsseldorfer Industriekonzern verhandelt angeblich seit einigen Wochen mit einem britischen Finanzinvestor über einen Teilverkauf. Lürssen will die gesamte Werft übernehmen.

Für Branchenbeobachter passt die norddeutsche Lösung. Allerdings hätte es die Bundeswehr dann nur noch mit einem Marine-Anbieter zu tun und im Yacht-Bau drohte eine Marktbereinigung. Lürssen hat aber in der Vergangenheit bei Übernahmen in Deutschland und den USA gezeigt, dass es dem Vorstand nicht allein um das Ausschalten eines Konkurrenten geht, sondern auch um nachhaltige Nutzung der neuen Standorte.

Beide Unternehmen arbeiten beim Bau von Kriegsschiffen für die Deutsche Marine schon lange zusammen, und bis Ende 2018 werden sie für vier neuartige Fregatten "F125" kooperieren. Im Bereich von großen Privatyachten sind sie ungleiche Konkurrenten. Aus Sicht von Thyssen-Krupp könnte der Verkauf daher Sinn ergeben, weil sich Blohm + Voss wirtschaftlich schwer tut.

Seit Längerem hat der bereits 1875 gegründete Betrieb der Familie Lürssen die Aktiengesellschaft aus Hamburg in der Gunst der Kunden abgehängt. Branchenintern gilt Lürssen neben dem Kreuzfahrtschiffbauer Meyer in Papenburg als Nummer eins - in Fertigungstechnik, Schiffstechnologie und bei den Gewinnen. Neben lukrativen Militäraufträgen lassen die bis über 150 Meter langen Mega-Yachten viel Geld in die Bremer Kassen fließen. Als Faustregel gilt, dass jeder Schiffsmeter rund eine Million Euro plus X kostet. Insgesamt beschäftigt Lürssen etwa 1.500 Mitarbeiter - und damit kaum weniger als Blohm + Voss. Die Finanzierung durch Lürssens Hausbank, die Deutsche Bank, dürfte sichergestellt sein.

Die IG Metall lobt Lürssen als "tarifgebundenes, solides Familienunternehmen", möchte aber erst das genaue Konzept kennenlernen. Geradezu begeistert ist man beim Werftenverband VSM. Entlassungen befürchte man nicht, der Markt sei groß genug für beide. "Der große Hype bei Mega-Yachten ist zwar vorbei", so eine Sprecherin, "aber auf einem sehr hohen, guten Niveau geht es weiter."

Erfreut dürfte man auch in der Bundesregierung sein. Einst hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geholfen, mit "Thyssen-Krupp Marine Systems" einen global wettbewerbsfähigen Werftkonzern via Düsseldorf zu schmieden. Geschäftsführer Lürßen unterhält beste Beziehungen nach Berlin. Auf der Afrika-Reise Angela Merkels gehörte er zur Delegation. In Bremen wartet man nun auf einen 100-Millionen-Auftrag über Patrouillenboote aus Angola.

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