piwik no script img

■ Mostar-Ultimatum: Bosnische Kroaten bleiben starrsinnigFalsche Druckmittel

Viele machen Druck auf die Führung der bosnischen Kroaten.: US-Präsident Clinton hat Franjo Tudjman persönlich die Leviten gelesen und ihn dazu gezwungen, seinerseits die Führung der bosnischen Kroaten in Mostar ins Gebet zu nehmen. Die Europäische Union droht mit dem Abzug. Die Vertreter der Bildt-Administration aus Sarajevo sehen das gesamte Vertragswerk von Dayton gefährdet. Und selbst die OSZE ist sauer. Weil die Ergebnisse der Wahlen in Mostar von den kroatischen Extremisten nicht anerkannt werden, sind sie zum Test für die gesamtbosnischen Wahlen geworden.

Doch der Druck hat bisher nur zu einer Fristverlängerung geführt. Die Zagreber Regierung ist zwar gegenüber politischem und ökonomischem Druck empfänglich, versucht jedoch weiterhin, ihre schützende Hand über die Kroaten Mostars zu halten. Schließlich ist Tudjman den Westherzegowinern verpflichtet. Und die bosnisch-kroatische Führungsriege in Mostar läßt sich von Drohungen der EU nicht schocken. Denn sie will weiterhin Mostar teilen und den kroatischen Teil zur Hauptstadt ihres bosnisch-kroatischen Teilstaates Herceg-Bosna ausbauen. Das Ultimatum der EU spielt ihr dabei sogar in die Hände. Zöge die EU wirklich ab, wäre die Teilung der Stadt perfekt und die muslimisch-kroatische Föderation gescheitert. Um die Teilung Bosnien-Herzegowinas und die Vereinigung der bosnischen Kroatengebiete mit Kroatien zu erreichen, wurde schließlich ein Krieg geführt. Warum soll man dann nicht riskieren, sogar das Dayton-Abkommen platzen zu lassen?

Das aber setzt Clinton unter Druck, der, gerade angesichts des bevorstehenden US-Wahlkampfs, in Bosnien nichts anbrennen lassen darf. Seit die italienische Außenministerin Agnelli in Zagreb offen gegen Hans Koschnick auftrat und seinen Sturz einleitete, treten zudem Kräfte innerhalb der internationalen Gemeinschaft immer offener auf, die in der Teilung Bosnien- Herzegowinas das Heil sehen. Daß auch Belgrad darüber nicht unzufrieden ist, braucht angesichts der eigenen Teilungspläne nicht zu überraschen. Die Westherzegowiner haben trotz der Aufregung in Washington viele, zum Teil überraschende, Freunde gewonnen. Will Clinton dagegen das Abkommen von Dayton weiterhin verwirklicht sehen, muß er, anders als die EU, knallhart handeln. Erich Rathfelder

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen