Fake-Verfassungsschutz-Plakate in Berlin: Adbusting gegen Geheimdienst

Mit einer Adbusting-Aktion weisen Aktivist:innen auf die unrühmliche Geschichte des Geheimdienstes hin. Anlass ist der Polizeikongress in Berlin.

Adbusting gegen den Geheimdienst: Ein Plakat bewirbt vermeintlich den Eintritt in den Verfassungsschutz. Es hängt vor dem Bundestag.

Mit Grüßen an die Sicherheitsbehörden: Pünktlich zum Polizeikongress 2020 hingen Adbusting-Plakate Foto: CC0/Public Domain

BERLIN taz | Glaubt man dem Verfassungsschutz, dann muss Adbusting, also das satirische Verfremden von Werbeplakaten zwecks Spaß oder Kritik an Kapitalismus und Sicherheitsbehörden, ziemlich gefährlich sein. Denn warum tauchen sonst derartige Satire-Aktionen im aktuellen Verfassungsschutzbericht als Aktionsform im Bereich „gewaltorientierter Linksextremismus“ auf? So hätten Linksextreme in Berlin anlässlich des Europäischen Polizeikongresses 2018 durch verfremdete Plakate gezielt versucht, „Polizeibehörden in der Öffentlichkeit zu diskreditieren“, und leisteten so Gewalt Vorschub, wie der Geheimdienst im Bericht insinuiert.

Nun, derzeit halten sich anlässlich des diesjährigen Polizeikongress wiederum viele Chef:innen von Sicherheitsbehörden in Berlin auf. Und erneut gibt es eine extra auf dieses Event zugeschnittene klandestine Werbeattacke. Diesmal im Zentrum: das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). So haben mutmaßliche Adbuster:innen laut einem Text auf Indymedia über 35 gefälschte Werbeplakate für das Bundesamt für Verfassungsschutz in Plakatkästen und an Bushaltestellen der Wall AG platziert.

Seit Dienstagabend kursierende Fotos der Plakate erinnern an eine tatsächlich derzeit in U-Bahnen präsente Personalkampagne des Geheimdienstes. Auf dem zweiten Blick ist allerdings etwas faul: So steht unter dem offiziellen Banner des BfV etwa: „Rassismus schützen? Bewirb Dich beim Verfassungsschutz: Unsere Behörde wurde von Alt-Nazis gegründet. Diese autoritäre, rassistische und sexistische Kultur pflegen wir bis heute. Werde Spitzel/in.“ Oder: „Bock auf Männderbund? Bewirb Dich beim Verfassungsschutz: Leute bespitzeln, in Privatem von Anderen nach Belieben rumschnüffeln, staatliche Gewalt legitimieren.“ Und: „Willkürliche Gewalt schützen? Bewirb Dich beim Verfassungsschutz: Um Ausbeutung und Ungerechtigkeit zu erhalten, tun wir alles: Bespitzeln, Einschüchtern, Hetzen, beim Töten zusehen.“

Unter einer verkürzten URL verweist das Plakat dann noch auf die größten Skandale der an Skandalen nicht armen Geschichte des Inlandsgeheimdienstes. Stichwort Alt-Nazis: Eine historische Kommission zur Aufklärung stellte 2011 zunächst „einen stark reduzierten Quellenbestand“ fest und konnte dann trotzdem bei mindestens 13 Prozent der Mitarbeiter:innen zwischen 1950 und 1975 einen NS-Hintergrund feststellen.

Adbusting-Aktion gegen Geheimdienst: Zwei Plakate hängen in Kästen der Wall AG

Im Bereich Männerbund und Rassismus dürfte es in Deutschland genügend Fachkräfte geben Foto: CC0/Public Domain

Als Verfasser:in des Textes auf Indymedia ist ein Ministerium für Veralberung (BfV) angegeben. Zitiert wird dort auch eine mutmaßliche Adbusterin mit dem Namen Cora Maaßen: „Der Geheimdienst stellt in seinem Verfassungsschutzbericht die Aktionsform Adbusting auf eine Stufe mit Gewalt gegen Cops.“ Für diese nette PR wolle man sich revanchieren: „Der VS sagt in seinem Bericht, was er über Adbusting denkt. Da dachten wir uns, wir zeigen ihnen mal, was wir von ihnen denken“. Neben Links zu lesenswerten Blog-Einträgen wie dem NSU-Watchblog finden sich dort noch zehn Bilder von gebusteten Plakaten: Einige von ihnen hängen an durchaus prominenten Orten: Vor Bundestag, Hauptbahnhof und Breitscheidplatz.

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