Fairer Handel für Bananen: Mehr fair, weniger bio
In anderen Ländern verkaufen Supermärkte nur noch gerecht gehandelte Bananen. AktivistInnen fordern das auch für Deutschland.
Nach dem Kampagnenstart an diesem Montag in Berlin finden bis zum 28. September bundesweit Aktionen statt. Die Kampagne ist Teil der „Fairen Woche“, die das Forum Fairer Handel unter Schirmherrschaft von Entwicklungsminister Gerd Müller veranstaltet.
Das Problem bei konventionellen Bananen: Weil Supermärkte sie oft als Lockangebote nutzen, gibt es bei diesem Produkt einen harten Preiswettbewerb. „Die Preise spiegeln in keiner Weise die Kosten wider“, sagt Melanie Leucht von Fairtrade, einem gemeinnützigen Verein, der fair hergestellte Produkte mit dem gleichnamigen Siegel zertifiziert. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Organisationen, die Label für Lebensmittel und Produkte vergeben, die unter fairen Bedingungen hergestellt wurden, zum Beispiel der World Fair Trade Organization (WFTO) oder fair for Life. Außerdem vertreiben anerkannte Fairhandelsimporteure Produkte unter eigenen Marken, etwa BanaFair, El Puente oder Gepa.
Beim fairen Handel erhalten die Erzeuger von den Abnehmern angemessene Preise und gute Lieferbedingungen, etwa Vorauszahlungen zur Finanzierung von Saatgut. Produzenten sind oft Kleinbauern oder Genossenschaften, die sich zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen für ihre ArbeiterInnen verpflichten. Bei der Vergabe von Fairtrade-Siegeln spielen auch ökologische Kriterien eine Rolle. Aber nicht alle Fairtrade-Produkte sind automatisch biozertifiziert, denn das Verfahren dafür ist aufwendig, dauert lange und ist mitunter teuer. Nur bei Bananen sind in Deutschland alle fair-gehandelten Früchte gleichzeitig auch bio. Das soll sich allerdings ändern, sagt Melanie Leucht.
Vorbild Niederlande
Bananen aus konventionellem Anbau sind häufig stark mit Pestiziden belastet. Das ist bei fair gehandelten Früchten nicht so, auch wenn sie kein Biosiegel haben, sagt Leucht. Bei den Kampagnenaktionen in den kommen Tagen wird der Bauer Richard Padilla Duran aus Kolumbien auftreten, der aus einer BananenKooperative in Kolumbien kommt, die noch nicht biozertifiziert ist. „Nur wenn der Absatz hoch genug ist, haben die Erzeuger etwas vom fairen Handel“, sagt sie. Die Handelspartner unterstützen die Produzenten dabei, das Biosiegel zu bekommen – doch die Erzeuger können das nur erreichen, wenn sie bis dahin auch Abnehmer für ihre Bananen haben. Der deutsche Einzelhandel hat bislang wegen des extremen Preiswettbewerbs darauf verzichtet.
In den Niederlanden werden bereits fair gehandelte Bananen ohne Biosiegel verkauft. „Die Kundinnen und Kunden nehmen das an“, sagt Leucht. Dort gibt es mit Plus und Spar bereits zwei Supermarktketten, die ausschließlich fair gehandelte Bananen anbieten. In der Schweiz ist das bei der Coop-Kette der Fall. „Das wünschen wir uns auch für Deutschland“, sagt Leucht.
Eine Verbraucherbefragung habe ergeben, dass mehr als die Hälfte der VerbraucherInnen in Deutschland bereit wären, mehr für Bananen zu zahlen, die ohne Ausbeutung von Mensch und Umwelt erzeugt wurden. „Das Bewusstsein für ungerechte globale Handelsstrukturen und Umweltthemen wächst stetig, der Handel wird sich dem mehr und mehr anpassen müssen“, sagt sie.
Online-Abstimmung
Teil der Kampagne: Interessierte können bei einem Onlinevoting darüber abstimmen, welche Supermarkt- oder Discounterkette in Deutschland ihr Bananensortiment komplett auf fair gehandelte Ware umstellen soll. Beim „Banana Fair Day“ am 28. September in Köln wird das Ergebnis verkündet.
Fairtrade Deutschland ist ein gemeinnütziger Verein, der nicht selbst handelt. „Wir haben keine kommerziellen Interessen“, sagt Leucht. Der Verein gehört zu Fairtrade International, das zu 50 Prozent von ErzeugerInnen getragen wird. Die andere Hälfte gehört Siegelinitiativen und Organisationen aus verschiedenen Ländern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“