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Fahrradnutzung bleibt stabilDer Deutsche fährt Rad

Knapp die Hälfte aller Bundesbürger fährt mehrmals pro Woche mit dem Fahrrad. Damit es mehr werden, sollen bessere Wege her. Das Verkehrsministerium plant eine Kampagne.

Ausflug ins Grüne: fit und durchtrainiert dank längerer Radtouren. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Fahrrad ist für die Menschen in Deutschland ein selbstverständliches Verkehrsmittel. Aber das umweltfreundliche und gesundheitsfördernde Fortbewegungsmittel wird - abgesehen vom Elektrofahrrad - derzeit nicht signifikant häufiger benutzt als vor zwei Jahren.

Zu diesem Ergebnis kommt der Fahrrad-Monitor 2011, den das Heidelberger Meinungsforschungsinstitut Sinus in Zusammenarbeit mit dem Fahrrad-Club ADFC erstellt hat. Die Studie, vom Bundesverkehrsministerium finanziert, wurde am Donnerstag in Berlin vorgestellt.

Für die Studie wurden rund 2.000 Bürger im Alter zwischen 14 und 69 Jahren deutschlandweit repräsentativ befragt. Im Vergleich zur Studie von 2009 gibt es allerdings methodische Probleme, da die Befragung diesmal per Internet durchgeführt wurde, während es vor zwei Jahren eine telefonische Befragung war.

Sinus-Geschäftsführer Manfred Tautscher begründete diesen Methodenwechsel mit den geringeren Kosten für eine Internetbefragung; zudem seien bestimmte Personengruppen - etwa 20- bis 40-Jährige - telefonisch kaum für Befragungen erreichbar.

Einkäufe, kurze Erledigungen und Ausflüge

Laut Studie verfügten 78 Prozent aller Haushalte in diesem Jahr über ein Fahrrad, vor zwei Jahren waren es noch 77 Prozent. 65 Prozent fahren mindestens mehrmals im Monat Rad, vor zwei Jahren waren es 69 Prozent; 84 Prozent fahren mindestens selten mit dem Fahrrad, vor zwei Jahren waren es 82 Prozent. "Die Fahrradnutzung ist stabil geblieben", sagte Sinus-Geschäftsführer Tautscher.

Primär wird das Fahrrad für Einkäufe, kurze Erledigungen und Ausflüge genutzt. 38 Prozent der Befragten fahren mit dem Fahrrad auch zur Arbeit beziehungsweise zur Ausbildungsstätte. Dabei kombiniert jeder Dritte die Fahrt mit dem Rad mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Besonders wichtig sind den Berufspendlern dabei die Abstellmöglichkeiten. Zunehmene Bedeutung erlangen die Elektrofahrräder, vor allem bei älteren Menschen. Interessierte sich vor zwei Jahren noch fast jeder vierte für ein Elektrofahrrad, so war es in diesem Jahr bereits fast jeder zweite.

Die größten Verlagerungspotenziale vom Auto zum Fahrrad bestünden im ländlichen Gebiet und in Kleinstädten, so der ADFC. Hier führen 84 Prozent mehrmals pro Woche mit dem Auto. "Als Hindernisse für die Fahrradnutzung nannten die Befragten "zu weit" und "zu langsam"", stellte ADFC-Vizechefin Sabine Kluth fest. "Um Autofahrer zum Umstieg zu bewegen, müssen bessere Angebote geschaffen werden: mehr Fahrradstellplätze an den Bahnhöfen, bessere Radwege oder ausreichende Fahrradmitnahmemöglichkeiten im Nahverkehr."

Mangelnde Rücksichtnahme unter den Verkehrsteilnehmern

40 Prozent der Großstädter wollten künftig das Fahrrad häufiger nutzen, so Klutz. Die Städte sollten das nutzen und "den Radverkehr durch bessere Wege, fahrradfreundliche Ampelschaltungen und mehr Fahrradparkplätze fördern." Schließlich würden die Großstädter bei Entfernungen unter fünf Kilometern mit dem Rad am schnellsten ans Ziel kommen.

Das Bundesverkehrsministerium zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen der Studie, die aktuelle Daten liefere. "41 Prozent der Deutschen fahren mehrmals pro Woche Fahrrad", stellte der Parlamentarische Staatssekretär Jan Mücke fest. Vor allem in den Großstädten werde das Rad immer wichtiger. Fast jeder Zweite wünsche sich Kampagnen für ein besseres Miteinander von Fußgängern-, Rad- und Autofahrern.

"Ein entscheidendes Element unserer Politik für mehr Verkehrssicherheit muss nach wie vor das Werben für mehr Rücksichtnahme unter den Verkehrsteilnehmern sein." Das Ministerium unterstütze dazu eine Kampagne, die im nächsten Jahr in Berlin und Freiburg starten.

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6 Kommentare

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  • MW
    M. Wehnin

    Als Münsterländer und lange Münsteraner staune ich, wieso es in so vielen eigentlich auch flachen Städten so wenig Radfahrer gibt.

    Innerhalb der Stadt ist es sehr oft der schnellste Weg, es ist gesund,umweltfreundlich, preiswert, macht (mir zumindest) Spaß.

    Welche Argumente gibt es denn im Nahverkehr für das Auto ausser das ewiggleiche:

    Man ist es so gewohnt und es ist ja auch bequemer...

    Verachtung nein, aber ein gewisses Kopfschütteln gegenüber den "Nur- Autofahrern" kann ich nicht verhehlen.

  • F
    Fahrradfreier

    Ich fahre nur mit dem Auto und empfinde FahrradfahrerInnen gegenüber nichts als Verachtung!

  • M
    mimi-kri

    wir brauchen viel mehr und bessere radwege, damit das radfahren noch attraktiver wird -

     

    + weniger bevorzugung der autofahrer

     

    + verkehrserziehung schon in fahrschulen, um rücksichtnahme und toleranz vor radfahrern und fußgängern zu üben

     

    + viele kampagnen zur gleichstellung ALLER verkehrsteilnehmer.

     

     

     

    alles natürlich auch in weiblicher form.

  • O
    ohno

    Wir brauchen nicht unbedingt bessere Wege, sondern weniger Bevorzugung von Autofahrern.

  • H
    Horsti

    Statt ´ner Kampagne wären bessere Fahrradwege erforderlich...

  • B
    Bardamu

    Kleiner Fehler im 3. Absatz: "jetzt per internet und damals telephonisch"

     

    Fahrradbenutzung stagniert traut man sich wohl nicht zu schreiben, wohl weil es gar zu unglaubwürdig klingt? Daten von Radverkehrerfassung z.B. in Köln sprechen für eine signifikante Zunahme.

    -------------

    [Danke für den Hinweis, wir haben es in "telefonisch"" umgeändert. Die Red./wlf)