Fahrradbranche floriert: Mit Pedalpower durch die Pandemie

Dank der großen Nachfrage nach E-Bikes verzeichnet die Fahrradindustrie Rekordumsätze. Kauflaune und Logistikprobleme treiben die Preise hoch.

Lastenfahrrad mit Kindersitz im Strassenverkehr in Berlin

Prima Alternative zum Auto: Lastenrad in Berlin Foto: Karsten Thielker

BERLIN taz | Das ist die negative Seite des Radbooms: Wer sich ein neues Fahrrad oder E-Bike kaufen möchte, muss mit deutlich höheren Preisen rechnen. „Gegenüber dem vergangenen Jahr könnten die Preise zwischen 10 und 20 Prozent steigen“, sagte Ernst Brust, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV), bei der Videopräsentation der Marktzahlen für 2020. Im letzten Jahr gaben Ver­brau­che­r:in­nen nach seinen Angaben für ein Fahrrad im Schnitt 445 Euro und für ein E-Bike 2.600 Euro aus. Das waren bereits 38 Prozent mehr als 2019. Die höheren Kosten resultierten unter anderem aus den höheren Ansprüchen der Kun­d:in­nen an Qualität und einem gestiegenen Markenbewusstsein, sagte er.

Die Fahrradbranche hat ein glänzendes Jahr hinter und ein weiteres vor sich. In der Pandemie sind viele Bür­ge­r:in­nen auch neu aufs Rad gestiegen, etwa als Alternative zu Bussen und Bahnen oder um Bewegung zu bekommen. Die Branche verkaufte trotz des zeitweisen Lockdowns 5,04 Millionen Fahrräder und E-Bikes. Das waren 16,9 Prozent mehr als 2019. Der Umsatz der deutschen Fahrradindustrie stieg um stolze 60,9 Prozent auf 6,44 Milliarden Euro.

Die Aussichten bleiben gut. „Die Nachfrage ist extrem hoch“, sagte Brust. Gleichzeitig gibt es aber Probleme mit der Logistik, etwa bei Lieferungen aus Asien. Von dort kommen vor allem Rahmen und Kabel. Die Hauptbestandteile der Räder werden in der Regel im Ausland produziert und hierzulande montiert. Weil aber Container knapp sind, ist der Transport teuer, was sich auf den Preis auswirkt.

Komplette Räder wurden im vergangenen Jahr etwas weniger importiert. Die größten Lieferanten sind Kambodscha, Polen, Bangladesch und Bulgarien. „Importe aus der EU gewinnen an Bedeutung“, sagte Brust. Das liege daran, dass die Kundschaft ihre Ansprüche, was die Qualität angeht, gesteigert habe. Das zeigt sich auch im Vertrieb: Die Mehrzahl der Räder wird über den Fachhandel verkauft. Der Absatz über Baumärkte, Supermärkte und Discounter ist dagegen gesunken. Etwas mehr als ein Viertel der Räder wurde über das Internet verkauft, unter den Anbietern sind auch Fachhändler.

Lastenräder gewinnen an Bedeutung

Der Boom wird von E-Bikes getragen, die zunehmend eine Alternative zum Pkw werden. Im vergangenen Jahr wurden fast 2 Millionen Stück verkauft, damit sind hierzulande mehr als 7 Millionen in Umlauf. Nach Schätzung des ZIV liegt der Radbestand in Deutschland einschließlich E-Bikes bei 79,1 Millionen. Zum Vergleich: Die Zahl der zugelassenen Pkws beträgt 48,25 Millionen. Brust geht davon aus, dass langfristig jedes zweite verkaufte Fahrrad ein E-Bike sein wird. Wegen der höheren Stückzahlen könnten die Preise perspektivisch sinken.

Auch Lastenräder gewinnen an Bedeutung. Davon setzte die Branche mehr als 100.000 ab, die meisten mit Elektroantrieb. Von Diensträdern, die immer mehr Unternehmen ihren Beschäftigten anbieten, verspricht sich die Branche ebenfalls viel. Hier sind neue Geschäftsmodelle etwa von Leasinganbietern entstanden.

Der Fachhandel sei auf die große Nachfrage vorbereitet, sagte Thomas Kunz, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Zweiradhandels. Die Lager seien voll – aber die Fahrradgeschäfte wegen der Coronakrise nicht überall geöffnet. Dabei seien die Läden sicher, betonte Kunz. „Wir fordern die Öffnung der Fahrradgeschäfte, unabhängig vom Inzidenzwert.“

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