Fahndungsgruppe Neiße aufgestockt: Metalldiebe kennen keine Grenzen
Seit dem Beitritt von Polen und Tschechien zur EU häufen sich die Einbrüche in Sachsen. Nun hat die Polizei eine gemeinsame Ermittlergruppe verstärkt.
DRESDEN taz | „Besuchen Sie Polen – Ihr Auto ist schon da!“ Solche markigen Sprüche von Bewohnern ostdeutscher Grenzregionen wurzeln nicht immer nur in antipolnischen Ressentiments. Sachsens neuer Polizeipräsident Rainer Kann hat daher den Kampf gegen Einbrecher und Autoknacker zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit erklärt. Mit Jahresbeginn stocken Sachsen und Polen ihre gemeinsame Fahndungsgruppe Neiße auf 20 Polizisten auf. Zum 1. März soll eine solche auch mit Tschechien gegründet werden.
Seit dem Beitritt von Polen und Tschechien zum Schengen-Abkommen im Dezember 2007 häufen sich Einbrüche und vor allem Autodiebstähle. Das Diebesgut befindet sich meist schon im Ausland, bevor die Tat entdeckt wird, sagt das sächsische Innenministerium. Orte in der Nähe von Grenzübergängen wie das Zittauer Dreiländereck sind wegen der kurzen Wege besonders „gefragt“. Routinekontrollen haben die Diebe nicht mehr zu befürchten, was Teile der CDU gern rückgängig machen würden. Die rechtsextreme NPD versucht mit offener Polenfeindlichkeit zu punkten: „Polen offen? Arbeit futsch! Auto weg!“
Dabei dient Polen nach Erkenntnissen der Ermittler häufiger nur noch als Transitland für weiter östlich beheimatete Diebesbanden. Für besonderes Aufsehen sorgte 2010 der Diebstahl eines Privatwagens von Bundesminister Thomas de Maizière (CDU) in Dresden. Im thüringischen Triebes verschwanden im September 2012 gleich fünf Traktoren und ein Radlader eines Landtechnikbetriebes.
Von Privatgrundstücken werden Gartengeräte, Fahrräder, sogar Hollywoodschaukeln gestohlen, Metalldiebe bauten im Dreiländereck die Befestigungskrallen von Bahnschienen ab. Autos werden gezielt auch in Großstädten wie Leipzig, Dresden oder Berlin entwendet, in Berlin mit anhaltend steigender Tendenz, während in Sachsen und Brandenburg 2011 ein leichter Rückgang zu verzeichnen war. Nach bislang unveröffentlichten Angaben des sächsischen Innenministeriums stieg die allgemeine Grenzkriminalität bis September 2012 aber wieder an.
Im Privaten ist die Angst unbegründet
Dennoch bleibt der Umfang der Delikte hinter den wilden Neunzigern zurück. Das belegen nicht nur Zahlen, sondern auch Erinnerungen der Grenzbewohner. Über das subjektive Sicherheitsempfinden der Neiße-Anrainer fertigt Karlhans Liebl von der Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg derzeit eine Studie. Die Furcht vor Diebstählen sei weit verbreitet, aber im privaten Bereich oft unbegründet, sagte er der taz.
Sehr ernst zu nehmen seien allerdings die Großdiebstähle im gewerblichen Bereich. Während das sächsische Innenministerium weiterhin ein „deutliches Wohlstandsgefälle“ für die Übergriffe verantwortlich macht, sieht Liebl hier wirtschaftliche Fortschritte bei den Nachbarn.
2012 hatten sich die Innenminister darauf geeinigt, wegen der anhaltenden Probleme keine weiteren Bundespolizisten von der Grenze abzuziehen. Sachsen und seine Nachbarn intensivieren auf mehreren Gebieten ihre polizeiliche Zusammenarbeit. Die Erfolge bleiben aber auf wenige spektakuläre Großeinsätze beschränkt.
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