Facebook und Datenschutz: Barley schimpft mit Facebook
Die Bundesregierung setzt den IT-Konzern aus den USA unter Druck – und prüft strengere Regeln für den Austausch von Daten.
Katarina Barley ist richtig sauer. So klang das jedenfalls am Montag, als die Bundesjustizministerin von der SPD Vertreter des Onlinenetzwerks Facebook in ihr Ministerium zitierte. „Ein solcher Vorgang ist nicht tolerabel“, sagte Barley nach dem Treffen mit Allen. Viel tun kann sie allerdings nicht.
Für den US-Konzern nahm der Cheflobbyist in Europa, Richard Allen, teil. Barley wollte mehr über Facebooks Kooperation mit der britischen Datenanalysefirma Cambridge Analytics wissen. Über eine App soll das Unternehmen Daten von rund 50 Millionen Nutzern weltweit abgegriffen haben. Die App haben rund 300.000 Menschen genutzt, davon rund ein Prozent in Europa.
Die Ministerin forderte am Montag eine Debatte über ethische Standards beim Datenaustausch. Nutzer müssten wissen, wie ihre Daten verwendet werden. Zudem sprach sie sich für strengere Regeln für die Verwendung von Algorithmen bei Digitalkonzernen aus. Barley bezeichnete das Gespräch mit Allen als „konstruktiv, aber kontrovers“. Konkrete Zusagen wurden seitens des Unternehmens nicht gemacht.
Wie groß der Imageschaden für Facebook ist, lässt sich derzeit nur erahnen. Nach den Kurseinbrüchen in der vergangenen Woche pendelt sich der Aktienwert derzeit wieder ein. Allerdings haben Unternehmen weltweit bereits angesagt, ihre Facebook-Auftritte zu kündigen oder Werbekampagne auf der Onlineplattform zu stoppen. Ein Beispiel ist Tesla-Chef Elon Musk, der seine Facebook-Auftritte PR-wirksam löschte. Auch die Commerzbank setzte ihre Kampagne auf Facebook aus. „Wir möchten der aktuellen Aufklärung den notwendigen Raum geben und zum gegebenen Zeitpunkt entscheiden, wie wir hier weitermachen“, hieß es gegenüber der taz.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte sich in verschiedenen Interviews und Anzeigen für das Datenleck entschuldigt und Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Reaktion der Wirtschaftskunden sieht das Unternehmen aber gelassen. „Wir haben eine Handvoll Berichte von Kunden gesehen, die ihr Engagement auf Facebook pausieren, während sie unsere Schritte gegen Missbrauch der Plattform bewerten“, sagte ein Unternehmenssprecher der taz. Die Unternehmen wüssten, wie wichtig es sei, dass die Menschen Facebook vertrauten.
Verdacht des Machtmissbrauchs
Auch das Bundeskartellamt hat Facebook missbräuchliches Verhalten vorgeworfen. „Wir gehen nach derzeitigem Stand davon aus, dass Facebook sich zumindest beim Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen außerhalb von Facebook missbräuchlich verhält“, sagte Behördenchef Andreas Mundt dem Tagesspiegel. Mithilfe von Schnittstellen würden teilweise auch dann Daten an Facebook fließen, wenn andere Internetseiten besucht werden. „Dies geschieht sogar schon, wenn man beispielsweise einen ‚Gefällt mir-Button‘ gar nicht nutzt, aber eine entsprechende Seite aufgerufen hat, in die ein solcher Button eingebettet ist“, kritisierte Mundt. Den Nutzern sei das nicht bekannt. Die Behörde hat seit 2016 den Verdacht, dass Facebook seine Position auf dem Markt missbraucht.
Auch Dieter Janecek, Digitalexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, fordert Aufklärung. Vertreter des IT-Konzerns sprachen bereits im Digitalausschuss des Bundestags vor. „Wir haben allerdings keine Antworten auf unsere Fragen bekommen“, sagte Janecek der taz. Er sieht die Bundesregierung in der Pflicht, das Netzwerk schärfer zu regulieren. Allein über die EU-Datenschutzgrundverordnung, die Ende Mai in Kraft tritt, sei es nicht getan, obwohl die Unternehmen bei Verstößen gegen die Regeln zum Schutz der Privatsphäre mit hohen Bußgeldern bestraft werden. Janecek sprach sich beispielsweise für mehr Transparenz bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus: Verbraucher müssten wissen, welchem Geschäftsmodell sie zustimmen. „Facebook ist gigantisch groß geworden in den vergangenen Jahren“, sagte Janecek. Darauf müsse man ein Auge haben. Entscheidungen, die aufgrund von Algorithmen getroffen werden, müssten transparent sein. Dazu zählen etwa das Aussortieren elektronischer Bewerbungen, Verfahren, die über Kreditwürdigkeit oder Versicherungstarife entscheiden.
Susanne Dehmel vom Internetverband Bitkom sieht keinen Bedarf für neue Gesetze. Die Branche dürfe „nicht aufgrund einzelner Verfehlungen über einen Kamm geschoren werden.“ Die meisten Firmen verhielten sich gesetzestreu.
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