Facebook-Pläne für neues Netzwerk: Insta für Kinder
Auf Instagram gibt es Accounts von Kindern, die zu jung für die Plattform sind. Für sie soll eine altersgerechte Version kommen. Davor wird auch gewarnt.
Das Fotonetzwerk Instagram will nun explizit jüngere Zielgruppen ansprechen. Der Mutterkonzern Facebook hat vor Kurzem mitgeteilt, über die Einführung einer Version des Netzwerks für Kinder und Jugendliche unter 13 Jahren nachzudenken.
Adam Mosseri, Chef von Instagram, erklärte im Gespräch mit dem US-amerikanischen Nachrichtenportal Buzzfeed News: „Mehr und mehr Kinder“ wollten Apps wie Instagram nutzen und es sei eine Herausforderung, bei ihnen das Alter zu verfizieren. „Wir müssen hier eine Menge tun“, sagte Mosseri, „aber ein Teil der Lösung ist, eine Version von Instagram für Jugendliche oder Kinder zu schaffen, bei der die Eltern Transparenz oder Kontrolle haben. Das ist eines der Dinge, die wir uns anschauen.“
Kritik an den Plänen des Unternehmens folgte prompt. In einem offenen Brief fordern 99 Parteien, darunter Hilfsorganisationen, Aktivist:innen und auch die Organisation Campaign for a Commercial-free Childhood (CCFC), Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf, seine Pläne für ein Instagram für Kinder aufzugeben. Ihr Vorwurf: Instagram nutze die Angst junger Menschen, etwas zu verpassen und den Wunsch nach Anerkennung durch Gleichaltrige aus, um die junge Generation an ihre Plattformen zu binden.
„Der unerbittliche Fokus der Plattform auf das Aussehen, die Selbstdarstellung und die Vermarktung stellt eine Herausforderung für die Privatsphäre und das Wohlbefinden von Jugendlichen dar“, teilten die Unterzeichner:innen mit und nannten physische und psychische Risiken in Verbindung mit dem exzessiven Gebrauch von sozialen Medien. Facebook verteidigte die Pläne. „Die Realität ist, dass Kinder online sind“, sagte Sprecherin Stephanie Otway. „Sie wollen mit ihrer Familie und ihren Freunden in Verbindung treten, Spaß haben und lernen, und wir wollen ihnen helfen, das auf eine sichere und altersgerechte Weise zu tun.“
Bisher müssen die Nutzer:innen für alle Plattformen von Facebook mindestens 13 Jahre alt sein, um ein Konto erstellen zu können. Bei Konten einer Person unter 13 Jahren muss im Steckbrief angegeben sein, dass das Konto von einem Elternteil oder einem Manager verwaltet wird. Kinder und Jugendliche können bisher bei der Anmeldung aber einfach ein falsches Alter angeben, um so ohne Probleme ein Account anzulegen.
Es ist nicht der erste Versuch von Facebook, eine Plattform für Kinder zu schaffen. Ende 2017 hatte Facebook seinen „Messenger Kids“ für Sechs- bis Zwölfjährige gestartet, der eine sichere Alternative zum normalen Messenger sein sollte. Im Sommer 2019 stellte sich allerdings heraus, dass die jungen Nutzer:innen aufgrund eines technischen Fehlers in Gruppenchats mit nicht autorisierten Personen chatten konnten. Eigentlich müssen die Eltern alle Chatpartner ihrer Kinder genehmigen.
Erst Mitte März dieses Jahres hatte Facebook verkündet, den Jugendschutz bei Instagram zu verschärfen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz wollen die Macher:innen nun erkennen, wenn sich Kinder im Alter von unter 13 Jahren regelwidrig anmelden. Zudem sollen Erwachsene künftig keine Kontaktanfragen mehr an Nutzer:innen unter 18 Jahren verschicken können, solange diese ihnen nicht schon folgen.
„Wir regen an, dass Jugendliche einen privaten Account wählen, und erläutern bei der Anmeldung, was der Unterschied zwischen einem privaten und einem öffentlichen Account ist“, sagte Instagram-Manager Alexander Kleist. Tests hätten gezeigt, dass dies das Bewusstsein für den Unterschied zwischen den Profilarten deutlich erhöhe.
Reichlich spät
Neu hinzugekommen ist die Möglichkeit, sich vor beleidigenden Direktnachrichten Unbekannter zu schützen. So kann zukünftig eine Liste mit Worten, Sätzen und Emojis angelegt werden, die herausgefiltert werden sollen. Nachrichtenanfragen, die sie enthalten, landen dadurch in einem separaten Ordner. Die Anfragen können von dort aus auch ungelesen zur Prüfung gemeldet werden, sagte Kleist bei der Vorstellung der neuen Funktion.
Trotz aller Bemühungen wird die Kritik wohl nicht ganz verstummen. Denn allen Maßnahmen zum trotz, Hürden einzuführen, die für Kinder nicht leicht zu umgehen sind: Sie kommen reichlich spät. Die Plattformen haben sich schon längst zu einem Ort entwickelt, an dem Kinder und Jugendliche leicht beeinflusst und manipuliert werden können. Eine Struktur für die junge Generation hätte es geben müssen, bevor sie sich die Plattformen selbständig eroberten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“