FDP verteidigt US-Informanten: "Wir haben es nicht böse gemeint"
Die FDP will den Schaden begrenzen, der nach Bekanntwerden ihres redseligen Informanten entsteht. Minister Dirk Niebel verteidigt die vertraulichen Gespräche mit dem US-Botschafter.
BERLIN taz | Nach der Aufdeckung des FDP-Informanten, der 2009 dem US-Botschafter aus den laufenden Koalitionsverhandlungen berichtete, gehen die Freidemokraten in die Offensive. Zwar musste der bisherige Büroleiter von Parteichef Guido Westerwelle, Helmut Metzner, nach seiner Selbstbezichtigung den Posten aufgeben. Doch urteilten die FDP-MinisterInnen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Dirk Niebel am Freitag, ihr Parteifreund habe nichts Unrechtes getan.
Am Donnerstag hatte der 41-jährige Metzner eingestanden, dass er Ende 2009 dem US-Botschafter Philip D. Murphy aus den Beratungen zur Regierungsbildung berichtet habe. Zuvor hatte Wikileaks diplomatische Berichte veröffentlicht, in denen auch die Rede war von einem "jungen, aufstrebenden Parteigänger" der FDP, der dem Botschafter ausführlich von den Streitereien zwischen Union und FDP berichtet hatte.
In einem Bericht an die US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton schrieb Murphy damals, die Quelle habe seinen Mitarbeitern "schon in der Vergangenheit interne Parteidokumente angeboten. Begeistert von seiner Rolle als Protokollant, scheint er gern bereit zu sein, uns seine Beobachtungen und Ansichten mitzuteilen und seine Notizen vorzulesen."
Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel sprang seinem ehemaligen Mitarbeiter Metzner zur Seite. Dessen Vorgehen sei "ganz normales tägliches Geschäft" in der Politik, urteilte Niebel. "Was in den Koalitionsrunden im Beisein von Mitarbeitern besprochen wurde, ist vollkommen unbedenklich. Vertrauliches ist in anderen Kreisen verhandelt worden", urteilte Niebel am Freitag.
"Vielleicht wollte man so die Pressekampagne beenden und einen verdienten Mitarbeiter schützen und aus dem Fokus der öffentlichen Berichterstattung herausnehmen."
Auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die Westerwelle nicht so nahesteht wie Niebel, verteidigte den jetzt geschassten Büroleiter des Parteichefs. Helmut Metzner habe "immer hervorragende Arbeit gemacht", lobte die Bundesjustizministerin. "Das ist keiner, der interne Papiere rausträgt, sondern über normale Dinge politischer Beziehungen und diplomatischer Beziehungen nur redet."
Die politische Konkurrenz hielt sich mit Kritik an den Freidemokraten zurück. Vonseiten der FDP-Fraktion hieß es, die Sache werde zu hoch gehängt. Allerdings sei es ungeschickt gewesen von Westerwelles Büroleiter, nach Veröffentlichung erster Medienberichte fünf Tage mit seinem Eingeständnis zu warten.
Regierungssprecher Steffen Seibert mühte sich, Folgen für die transatlantischen Beziehungen kleinzureden: "Das ist ungewöhnlich, ärgerlich, aber nichts, das die Kraft hat, das deutsch-amerikanische Verhältnis aus der Bahn zu werfen." Die Bundesregierung fordere "ausdrücklich nicht" die Abberufung von US-Botschafter Murphy. Ein FDP-Abgeordneter hatte sich in Bild dafür ausgesprochen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin